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Bewusst vorgesorgt – betreut versorgt

Bisher konnten Angehörige in Notfällen nur finanzielle und rechtliche Angelegenheiten übernehmen, wenn eine gemeinsame Vorsorgevollmacht vorlag. Das ist seit 1. Januar 2023 anders: Auch ohne Vollmacht können Eheleute sich – nur in medizinischen Angelegenheiten – nur für sechs Monate – gegenseitig vertreten. Dank des neuen „Notvertretungsrechts für Ehegatten“. Damit gibt es jetzt drei Formen der rechtlichen Vertretung: Notvertretungsrecht, Vorsorgevollmacht, Betreuung.

Rudi, 82, alleinstehend – dement. Rudi war Kellner und stolz, sein Leben lange allein im Griff zu haben. Aber dann überspülte ihn die Demenz. Erst wirbelte sie seine Gedanken durcheinander, dann das ganze Leben. Aber Rudi wohnt weiter in seiner Wohnung in der Nähe des Fischmarkts. Hier wollte er bleiben, „bis ich mit den Füßen voran rausgetragen werde“. Das sagte er so lange, wie alles noch ging. Bis vor Kurzem brachte eine Freundin Essen, putzte, machte Wäsche. Aber irgendwann kam sie an ihre Grenze. Die Wohnung musste gekündigt werden, Anträge auf Sozialhilfe waren auszufüllen. Die  Freundin wusste, was zu machen ist – und wandte sich an das Betreuungsgericht. Sie regte ein Betreuungsverfahren an, so das Amtsdeutsch. Das Betreuungsgericht nahm mit Rudi Kontakt auf; fragte, ob überhaupt und wen er als Betreuer wünscht. Dann sondierte die für Rudis Wohnsitz zuständige Betreuungsstelle in Hamburg-Altona die Lage, um zu klären, ob eine gesetzliche Betreuung notwendig ist, eine Vorsorgevollmacht vorliegt oder Rudi anderweitig betreut werden kann. Hier hatte Rudi etwas versäumt. Er hatte keine Vorsorgevollmacht ausgestellt. Die Mitarbeiter der Beratungsstelle fanden heraus: Rudi duscht nicht, Medikamente bleiben unberührt, zuweilen sitzt er im Pyjama auf der Bank vorm Haus ... jetzt kümmert sich eine Krankenschwester als Betreuerin.

Rudi ist kein Einzelfall: Eine Befragung im Uni-Klinikum Hamburg zeigt: Nur jede/r zweite Intensivpatient hat eine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung. 40 Prozent der Vollmachten und 44 Prozent der Verfügungen waren unvollständig und schwer interpretierbar. Wer jedoch seine ärztliche und pflegerische Versorgung früh bestimmt, vermeidet, dass später über seinen Kopf hinweg entschieden wird. Eine Patientenverfügung legt fest, welche Behandlung eingeleitet und beendet wird oder unterbleibt: lebenserhaltende Maßnahmen, künstliche Ernährung, Wiederbelebung, künstliche Beatmung ... Eine Verfügung ist etwas ganz anderes als eine Vorsorgevollmacht. Justitia nennt dies zahm: „Individualvereinbarung“. Sie drückt den freien Willen aus, was im Krankheitsfall passieren soll oder nicht. Eine Vorsorgevoll macht deutlich, wer sich u. a. um Behörden oder Vermögen kümmern soll, wer rechtliche Entscheidungen trifft und kontrolliert, wenn die eigene psychische und/oder physische Kraft nicht mehr reicht. Sie wird wirksam, wenn Unfall oder Krankheit den Willen des Vollmacht-Gebers verdunkeln. Ob der Unwägbarkeit wird die Vollmacht vorsorglich verfasst.

Jürgen Rufenach.

Vorsorgevollmacht

„Die Vorsorgevollmacht ist die unmittelbare Bevollmächtigung einer Person durch eine in ihrer freien Willensbildung nicht eingeschränkte andere Person. Die bevollmächtigte Person muss kein Profi sein. Nicht etwa nur Rechtsanwälte oder Sozialpädagogen dürfen bevollmächtigt werden. Freund, Verwandter, wer immer Vertrauen verdient, kann bevollmächtigt werden. Es kann sinnvoll sein, einen Freund zu bevollmächtigen. Es kann auch sinnvoll sein, einen Profi zu bevollmächtigen, wenn wirtschaftliche Interessen durchzusetzen oder Rechtsgeschäfte zu tätigen sind. Es ist gewiss nicht sinnvoll, jemanden zu bevollmächtigen, der gesundheitlichen Einschränkungen unterliegt oder der Aufgabe nicht langfristig gewachsen ist“, sagt Jürgen Rufenach, Rechtsanwalt und Leiter eines Betreuungsbüros auf St. Pauli. Der Jurist betreut seit acht Jahren Menschen, für die eine rechtliche Betreuung eingerichtet wird. „Es geht hier um hilfsbedürftige Volljährige, die ihre Angelegenheiten wegen nachgewiesener Erkrankung, körperlicher, geistiger, psychischer oder seelischer Einschränkungen nicht oder nicht vollständig besorgen können.“

Für den Anwalt ist eine Vorsorgevollmacht auch neben dem (neuen) Ehegatten-Vertretungsrecht sinnvoll. Ehegatten haben zwar jetzt die Möglichkeit, manche Entscheidungen für ihre Partner zu treffen, ohne bevollmächtigt zu sein: „Ärzte und sonstige Behandelnde dürfen ihnen Auskunft zu Befunden/Behandlungen geben. Sie dürfen Behandlungen anregen und in diese einwilligen, wenn sie dem Wohl des nicht mehr Einwilligungsfähigen dienen. Ihre Rechtsstellung ist schwach.“

Aber das neue Recht gilt nur für die Gesundheit und nur für sechs Monate. Eine Vorsorgevollmacht währt länger und greift weiter: Sie umfasst etwa die Gesundheitsfürsorge, kann ärztliche Eingriffe und ambulante und stationäre Versorgung regeln oder von der Schweigepflicht gegenüber Dritten entbinden. Selbst Maßnahmen, die die Freiheit rauben (z. B. Bettgitter) dürfen angeordnet werden, wenn es die Vollmacht will. Auch wenn es nicht um Erkrankungen geht, lenkt die Vollmacht das Leben. Sie kann vieles rund ums Wohnen regeln: Kündigung, Neu-Anmietung, Verträge mit Betreuungseinrichtungen. Der Bevollmächtigte kann selbst den Aufenthaltsort festlegen und sogar – nach Antrag auf gerichtliche Genehmigung – einen Klinikaufenthalt etwa zur  psychiatrischen Behandlung durchsetzen.

Regelungen

Wenn der freie Wille nicht mehr will, wird jeder Antrag zum Buch mit sieben Siegeln. Die Vorsorgevollmacht gibt jetzt einem Vertrauten die Lizenz, sich durch den Behördendschungel zu kämpfen. Der Bevollmächtigte handelt nun gegenüber Behörden, Ämtern und Sozialleistungsträgern, wenn etwa Renten- und Sozialleistungsansprüche (Grundsicherung, Wohngeld, Hilfen zur Pflege) durchgesetzt werden sollen. Aber die Vollmacht geht – je nach festgelegtem Wirkungskreis – auch dahin, wo viele sensibel sind. Sie regelt die Vermögenssorge. Und sie erlaubt dem Bevollmächtigten, Rechtsgeschäfte zu tätigen, die wirtschaftliche Folgen haben. Er kann Verschuldung eingehen, ausgleichen, Zahlungen vornehmen ... Auch jetzt gilt: Der Bevollmächtigte sollte größtes Vertrauen genießen und alle Entscheidungen auch so treffen, wie es derjenige machen würde, der die Vollmacht auf den Weg brachte. Rufenach: „Die Vorsorgevollmacht kann dem Beschluss einer gesetzlichen Betreuung vorgreifen, indem der Vorsorgebevollmächtigte als Betreuer bestimmt wird, wenn eine solche je eingerichtet werden sollte. Eine Vollmacht kann sich auf alle Aufgaben erstrecken, die mit einer gesetzlichen Betreuung aufgegeben werden können:

Grundsätzlich gilt: Eine Vorsorgevollmacht ist rechtsverbindlich und macht eine gerichtliche Betreuung überflüssig: Wurde die Vollmacht im Vollbesitz der geistigen Kräfte erteilt, bleibt ein vom Gericht bestellter Betreuer außen vor – es sei denn, der Bevollmächtigte erscheint als ungeeignet, so der Bundesgerichtshof (BGH). Wenn Menschen an Leib und oder Seele derart schwer erkrankt sind, dass sie sich nicht mehr selbst versorgen können, und auch Dritte nicht mehr Herr der Lage sind, können diese sich mündlich oder schriftlich an das Betreuungsgericht wenden. Das heißt, es wird eine Betreuung eingerichtet, nachdem ein Hinweis eingegangen ist.

Der kann so lauten:

„Ich (oder meine Verwandte/Bekannte) brauche eine Unterstützung durch eine Betreuerin/einen Betreuer, weil ich (oder meine Verwandte/Bekannte) mit den Angelegenheiten des Lebensalltags krankheitsbedingt nicht mehr zurechtkomme ...“

Ein solcher Hinweis kann von der Person selbst, Verwandten oder Freunden kommen, aber auch von Polizei, Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Kranken- oder  Pflegekassen. Offiziell heißt das: Sie regen eine Betreuung an, indem sie das Betreuungsgericht anrufen. Das geht auf den Betroffenen zu und erkundet die Lebens- und geistige Lage. Hier wird die Betreuungsbehörde tätig: Sie überprüft nicht nur, ob eine Vorsorgevollmacht registriert ist, die manches regelt. Sie klärt im persönlichen Gespräch die individuelle Lebenssituation, umreißt den Betreuungsbedarf, legt „Aufgabenkreise“ fest und schlägt Betreuer vor. Ein Gutachten zeigt aus medizinischer Sicht, warum Betreuung nottut, damit die betreuten Menschen „wieder – befähigt  werden, ihren Vorstellungen gemäß zu leben“, so Rufenach.

Betreuung

Was aber, wenn Menschen andere Vorstellungen haben? Oder psychisch krank oder widerwillig sind? Dann informiert die Betreuungsstelle das Gericht, was per psychiatrischem Gutachten klärt, ob ein Betroffener willentlich entscheiden kann. Liegt es vor, muss das Gericht Wunsch und Willen erfragen, abwägen und respektieren. Dann fallen der Beschluss und die Entscheidung über den Betreuer. Dass kann ein Profi sein, aber auch jemand, der die Aufgabe im Ehrenamt übernimmt. Bedingung: Sie müssen wohlbeleumdet sein und wissen, was sie tun. Selbst ein Rechtsanwalt muss sich etwa mit psychischen Erkrankungen auskennen. Aber auch jetzt noch kann der Betroffene Widerspruch beim Oberlandesgericht einlegen. Ehegatten und nahe Angehörige, die von dem Beschluss Kenntnis erhalten, können gegen ihn vorgehen, sofern sie zuvor bevollmächtigt wurden.  

Im Rahmen des Verfahrens ist es keineswegs sicher, dass der psychische Zustand auf den Prüfstand kommt. Sichtet die Beratungsstelle keine Verwirrtheit oder meldet, die Lage ist in Ordnung, nimmt das Gericht das Schwert des Gutachtens nicht in die Hand. Der Gesetzgeber will so verhindern, dass Betroffene unter psychischen Druck geraten. Zudem sollen sie nicht mit dem Stigma leben (...), geistig nicht auf dem Damm zu sein. Der Gesetzgeber will aber auch denen kein leichtes Spiel gewähren, die bei Familienstreitigkeiten den Patienten unter Druck setzen wollen. Motto: Wenn Du nicht so willst wie wir, kommt der Betreuer. Diese Drohkulisse ist so gehässig wie irreführend, weil sie ein falsches Bild vom Betreuer zeichnet.

Betreuungsleistungen

Betreuung ist klar beschrieben, so Rufenach. Der Begriff verbindet sich umgangssprachlich mit Hilfe, Beistand, Versorgung – unmittelbar, vielfältig und alltäglich: „All das kann und soll gesetzliche Betreuung nicht leisten. Gesetzliche Betreuer führen nicht den Haushalt, begleiten nicht aufs Amt oder machen Krankenbesuche. Rechtliche Betreuung leistet keine praktische, unmittelbare Hilfe. Weder in Haushalt noch bei der Pflege haben gesetzlich Betreuende Hand anzulegen. Gesetzliche Betreuung beschränkt sich aber auch nicht auf rechtliche Vertretung.“ Sie schafft, so Rufenach, „jenes organisatorische Gerüst, das gewünschte und objektiv realisierbare Lebensführung und gesellschaftliche und soziale Teilhabe ermöglicht“. Dabei geht es darum, Krisensituationen im Alltag zu umschiffen, aber auch darum, Sozial- und Versorgungsansprüche durchzusetzen oder Konflikte im Umfeld zu lösen. Rufenach: „Verpflichtet sind sie den Interessen der Betreuten, die – zumeist – uneingeschränkt geschäftsfähig bleiben. Gesetzliche Betreuung entmündigt nicht.“ Dabei werden auch Angehörige in die Schranken gewiesen: „Ehegatten von Betreuten werden nicht etwa mitbetreut. Und sie haben selbstverständlich keinen Anspruch darauf, das Agieren gesetzlicher Betreuer zu bestimmen oder Rechenschaft darüber zu verlangen.“ Denn das Betreuungsgericht überwacht Amtsführung und Verwendung fremden Vermögens. Doch es ist nicht nur wachsam, wenn’s um Geld geht. Es kontrolliert laufend die Betreuer, ob sie ihrem Klienten wohlgesonnen sind (...) und ob eine Betreuung weiter erforderlich ist. Nichts ist, theoretisch, in Stein gemeißelt.     

Betreuer treten nur auf den Plan, „wenn es wirklich nötig ist. Betreut werden kann nicht nur administrativ vom Schreibtisch aus. In unmittelbarem Austausch ist die Basis für Kooperation zu legen und mit Bezug auf die Entwicklung persönlicher Umstände anzupassen“, sagt Rufenach. Er weiß aber auch, dass Zeit ins Land gehen kann, bis ein Betreuer bestellt ist. Und er weiß auch, dass die monatlich knapp vier Betreuungsstunden (ab zweitem Betreuungsjahr für Nicht-Heimbewohner) nicht viel sind, um Kompliziertes wie Sozialleistungen zu regeln und noch persönliche Worte zu finden. Auch betreuende Juristen rechnen: Wer professionell nichts anderes macht als Betreuungen, muss 40 „Klienten“ zählen, damit er über die Runden kommt. Stundenlohn: je Qualifizierung von 27 bis 44 Euro brutto. Ehrenamtliche Betreuer (auch Verwandte) erhalten eine jährliche Aufwandsentschädigung von 399 Euro. Und wer zahlt? Wer „vermögend“ mehr als 10 000 Euro Schonvermögen hat, zahlt selbst. Bei geringen  Einkommen kommt die öffentliche Hand auf. Das ist der Regelfall, da die Mehrzahl der Betreuten Sozialleistungen bezieht.

Rufenach rät: „Bevollmächtigen Sie niemanden, der Ihr Vertrauen nicht verdient. Zwar muss sich ein Bevollmächtigter u. U. für sein Agieren rechtfertigen und unterliegt ohnehin gesetzlichen Regeln. Aber Vertrauen tut not.“ Für gesetzliche Betreuer ist es, so Rufenach, „sehr schwer, wenn nicht unmöglich, hinzulangen“. Das Gericht kontrolliert, einmal im Jahr fordert es Rechenschaft über Ausgaben. Wer allerdings wagemutig auf falsche Freunde setzt und denen eine Generalvollmacht erteilt, öffnet dem Missbrauch manche Tür.  

Hermann Middendorf.

„Für den letzten Lebensabschnitt vorsorgen“

Das SeMa im Gespräch mit Hermann Middendorf, Bezirksamt Altona, Fachamt für Hilfen nach dem Betreuungsgesetz, Beratungsstelle für rechtliche Betreuung und Vorsorgevollmacht.

SeMa: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht. Betreuung. Viel Bürokratie? Wozu, fragen viele?

Middendorf: Den letzten Lebensabschnitt vorsorglich gestalten – dies erfordert mehr, als schnell ein paar Formulare auszufüllen. Jeder kann in eine Situation kommen, in der er seine Wünsche nicht mehr äußern oder Entscheidungen nicht mehr selbstständig treffen kann. Die Ursachen sind vielfältig, besonders häufig sind es Krankheit, Unfall oder das Alter. Hier besteht die Möglichkeit, eine rechtliche Vertretung zu bestimmen. Viele glaubten bisher, dass dies Angehörige automatisch auch in Notfällen übernehmen können. Dem war nicht so. Erst seit 1. Januar 2023 ist eine Notvertretung für Ehegatten verankert. Es gibt jetzt – neben Vorsorgevollmacht und Betreuung – eine dritte Form der rechtlichen Vertretung.

SeMa: Es klingt sperrig, das Ehegattenvertretungsrecht. Was heißt es einfach formuliert?

Middendorf: Es bleibt ein befristetes Notvertretungsrecht zwischen Ehegatten im Bereich der Gesundheitssorge. Der handelnde Ehegatte kann stellvertretend in anstehende ärztliche Untersuchungen oder in Heilbehandlungen einwilligen – oder sie ablehnen.

SeMa: Und die Vorsorgevollmacht?

Middendorf: Eine Vorsorgevollmacht erlaubt befugten Personen, andere bei Behörden zu vertreten, gesundheitliche Entscheidungen für sie zu treffen oder in finanziellen Fragen zu entscheiden. Daher sollte sie nur Menschen gegeben werden, denen man unbedingt vertraut. In einigen Fällen ist eine öffentliche Beglaubigung oder notarielle Beurkundung notwendig. Auch eine Eintragung im Vorsorgeregister ist empfehlenswert. Bei der Bundesnotarkammer sind 5,3 Millionen Vollmachten registriert, die Zahl der nicht erfassten dürfte ebenso hoch sein. Die Eintragungen können von Ärzten und Gerichten abgefragt werden.

SeMa: Wenn nichts mehr geht – kommt dann die rechtliche Betreuung?

Middendorf: Die Bestellung eines Betreuers durch das Amtsgericht ist nachrangig zu allen anderen Formen der Hilfe. Zum Beispiel, wenn die Interessen eines Betroffenen genauso gut wie durch eine Betreuung wahrgenommen werden können. Dieses sind praktische Hilfen im sozialen Umfeld – von Familienangehörigen, Nachbarn, Freunden, aber genauso Hilfen durch Beratungsstellen, Soziale Dienste oder andere Institutionen. Der Gesetzgeber legt mit der Betreuungsrechtsreform besonderes Gewicht darauf, dass die Wünsche der betreuten Menschen beachtet und umgesetzt werden. Deren Wille und die Wünsche sind für ihre Entscheidungen bindend, sofern sie ihnen zumutbar sind und die betreute Person sich gesundheitlich und auch ihr Vermögen nicht erheblich gefährdet.

SeMa: Die Patientenverfügung hat also mit rechtlicher Vertretung durch andere nichts zu tun?

Middendorf: Nein, eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Erklärung des eigenen Willens in Gesundheitsfragen. Sie wird wirksam, wenn ein Patient nicht mehr in der Lage ist, seine Zustimmung oder Ablehnung zu bestimmten medizinischen Maßnahmen zu geben. Für Ärzte ist sie unmittelbar verbindlich – wenn sie konkret genug und eindeutig formuliert ist. Daher sollten die Ausführungen möglichst konkrete Anweisungen geben etwa: künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Schmerzbehandlung, Wiederbelebung, Organspende. Es ist unbedingt sinnvoll, auch Aussagen zur künftigen Wohnsituation und Pflege mit aufzunehmen. Die Verfügung ist für Betreuer, Vollmachtnehmer und Ehegatten, die das Vertretungsrecht wahrnehmen, handlungsleitend.      

 

Dr. H. Riedel © SeMa

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