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Stadtrundfahrt mit Bürgernähe

Straßenbahnen als Urlaubsvergnügen älterer Touristen

Eine Städtereise ist schon anstrengend genug, da lässt man sich doch gerne fahren. In deutschen und europäischen Metropolen fallen die doppelstöckigen Sightseeing-Busse jedem Touristen ins Auge, ob in Berlin, Prag, Wien, Amsterdam oder etlichen anderen reizvollen Städten, sie bringen interessierte Reisende zu den touristischen Schätzen der Stadt. Das ist aber meist relativ teuer, und in die obere Etage des Busses, wo die beste Aussicht ist, muss der Senior 70plus erst einmal die enge Wendeltreppe hochgehen – da liegt Stress in der Luft. Findige Städtevagabunden im besten Alter haben daher seit Langem eine Alternative gefunden, günstiger und ganz nahe am Volk durch die Straßen ihrer Lieblingsstädte zu fahren: die gute (alte) Straßenbahn.

Auf einer Tram-Rundlinie kommt man gut und sicher zum Ausgangspunkt zurück, oder man wechselt die Richtung und erreicht so den Start der City-Tour. „Oldies“ ohne Orientierungssinn brauchen also keine Angst zu haben. Typische Alltags-Abläufe und eben der Kontakt zu Einheimischen sind weitere lohnende Aspekte Aspekt, während die Highlights der Städte durch die großen Fenster vorbeirauschen. Mit einem Tagesticket kann man dazu einen Stopp einlegen, wo man will, und der Einheimische gibt gern mal Auskunft – wenn es denn sprachlich möglich ist.

Allein das Klingeln an jeder Station ist es wert. Eine Hamburger Seniorengruppe sitzt in der Wiener Ringstraßenbahn, es geht vorbei an Oper, Parlament, Hofburg und Rathaus, und das – wenn es der alternde Tourist will – immer wieder. Viele Gäste von nah und fern, aber natürlich auch urige Wiener Urgesteine sind dabei, und schnell ist ein Gespräch in Gang – denn die Hanseaten fallen in ihrer Masse und Ungezwungenheit auf. Ja, es kann lustig werden – sehr lustig. „Ich finde das hier urgemütlich“, sagt zum Beispiel Monika Klinder (72) aus Hamburg, die sogar einige Stunden ihres Geburtstages mit Freundinnen an Bord der Bahn zwischen Stephansdom, Hofburg und Parlament verbringt. „Es ist wie Entschleunigung, einfach für uns Ältere eine tolle Sache“, sagt die Hamburgerin, die auch schon mit der Straßenbahn auf dieselbe Art durch Amsterdam getingelt ist. Die vielen Facetten, der Kontakt zu anderen Menschen und ein anderes, ruhigeres Zeitgefühl würden sie immer dazu veranlassen, auch andere Städte so günstig und so nah am Bürger zu erkunden.

Die reiselustige Dame aus Deutschlands Norden ist nur ein Beispiel von vielen. In Prag etwa kommt für Tram-Fans an Bord der Line 22 der Spaß mit etlichen Einheimischen dazu, oft auf ihrem Weg in die billigeren Privat-Brauereien mit Bierstuben im Außenbereich. Da gibt es dann (teilweise mit Händen und Füßen wegen der Sprachprobleme) gleich wertvolle Tipps dazu. Überhaupt scheinen Menschen, die Straßenbahn fahren, oft zugänglich, da hebt man einer Prager Jungmutter als älterer deutscher Tourist auch mal gern den Kinderwagen aus dem urigen Vehikel.

Wer ein bisschen Mut und einen „Hauch“ Abenteuerlust hat und dazu teure und sich oft hektische Hop-on-Hop-off-Touren in Metropolen ersparen will, dem sei diese Art, eine Stadt zu erkunden, empfohlen. Das SeMa gibt nebenstehend einen Überblick. Er kann bei den vielen Städten im In- und Ausland nur beispielhaft sein. Lohnend sind die Touren in diesen Bahnen alle- mal. Ob in Wien, Prag, Lissabon, Dresden, Erfurt – oder wo auch immer.   

Hamburg: Straßenbahn auf dem Abstellgleis

In Hamburg rollt schon seit dem Ende der 70er Jahre keine Straßenbahn mehr. Am 30. September 1978 fuhr die Linie 2 in Hamburgs Norden über Niendorf und Schnelsen zum letzten Mal. Seitdem gibt es zwar viele Diskussionen über Stadt- und Straßenbahnen, auf Dauer hat es niemals wieder einen ernsthaften Versuch gegeben, in Hamburg Straßenbahnen einzuführen. Zu diesem Thema ausführliche Infos im Internet: www.ndr.de/geschichte/chronologie.
In der Hansestadt gibt es eine gute Möglichkeit, sich günstig den Hafen anzuschauen. Die HADAG-Linie 62 der Hamburger Hafenfähren ist nicht nur ein Bestandteil des Netzes des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV), für Kenner ist sie eine günstige Alternative zur klassischen Hafenrundfahrt. Sie startet an den Landungsbrücken Richtung Finkenwerder und passiert Richtung elbaufwärts viele Sehenswürdigkeiten am Hafen.

Entspanntes Glück auf zwei Schienen

Übersicht über lohnende Tram-Kurse in Städten

Die Aufzählung/Darstellung der verschiedenen für Stadtrundfahrten lohnenden Straßenbahn-Linien kann nur beispielhaft sein. Es gibt wesentlich mehr Metropolen, wo so etwas möglich ist. Die Liste unten verzeichnet lediglich europäische Linien:

• Wien: In Österreichs Hauptstadt heißt die Straßenbahn Bim. Sie fährt auf 29 Linien. Bereits 1840 verkehrte die erste Bahn, von Pferden gezogen, alle Viertelstunde vom Donaukanal in die Brigittenau. Die Vienna-Ring-Tram fährt in 25 Minuten an Sehenswürdigkeiten wie Staatsoper, Hofburg, Burgtheater und Parlament vorbei. Dazu gibt es in der Bahn Nachrichten auf Flachbildschirmen. Infos unter: www.wienerlinien.at

• Prag: Die Tram 22 wird in vielen Reiseführern empfohlen, weil sie mitten durch das historische Prag fährt und dem Besucher eindrucksvolle Blicke auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an der Moldau bietet. Es ist auch eine preisgünstige Alternative zum Hop-on-Hop-off-Bus. Allerdings ist diese Tramlinie auch beliebt bei Taschendieben, weil viele Touristen die Verbindung aus den oben genannten Gründen nehmen. Infos unter:
https://hierdadort.de/klingelring-mit-der-strassenbahn-durch-prag/

• Lissabon: Besonders spektakulär ist die Linie 28, die im historischen Stadtteil Alfama die ganze Breite der engen Gassen ausfüllt. Auch die drei Standseilbahnen (Ascensores de Lisboa) und der Aufzug Elevador de Santa Justa sind alltägliche Verkehrsmittel. Info unter: www.carris.pt

• Erfurt: Eine Stadtrundfahrt mit der historischen Stadtbahn führt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der jüngeren und älteren Erfurter Stadtgeschichte. Besonders sehenswert sind dabei die sehr gut erhaltenen Jugendstilviertel der Stadt. Infos unter:
https://www.evag-erfurt.de/evag/home

• Frankfurt: Auch in der Mainmetropole begann alles mit einer Pferdebahn. Heute verkehren, teilweise auch unter der Erde, elf hochmoderne Linien – und an Wochenenden und Feiertagen der Ebbelwei-Express für Touristen, der an fast allen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt. Info unter: www.vgf-ffm.de

• Helsinki: Sobald die Linie 7 A den Dom passiert, klicken die Kameras: Kaum ein Tourist lässt sich das Motiv – weiß das Gotteshaus, gelb und grün die Straßenbahn – entgehen. Zu bestimmten Zeiten verkehrt eine sogenannte Kulturtram mit einer kleinen Bühne im Mittelteil, wo Musik und Kleinkunst geboten werden. Infos unter: www.raitio.org

• Zürich: In der größten Schweizer Stadt gibt es nicht nur 17 Linien, sondern auch eine Apéro-Tram, eine Fondue-Tram, eine Sushi-Tram und in der Adventszeit eine Märli-Tram, in der Engel Geschichten erzählen. Nicht zu vergessen die 13 Kilometer lange Forchbahn, die durch reizvolle Landschaften führt. Infos unter: www.stadt-zuerich.ch

• Budapest: Mehr als 400 Millionen Fahrgäste sind pro Jahr auf den 33 Linien unterwegs. Auf den Linien 4 und 6 kommen die  längs- ten Straßenbahnwagen der Welt (jeweils 54 Meter) zum Einsatz. Die Linie 60 ist eine Zahnradbahn, die den 420 Meter hohen Schwabenberg hinauffährt. Infos unter: www.bkv.hu

• Amsterdam: Die Straßenbahnlinie 2 in Amsterdam fährt an fast allen Sehenswürdigkeiten vorbei. Diese Linie wurde vom „National Geo- graphic“ als eine der besten Linien weltweit ausgezeichnet. Infos unter: www.travelguide.amsterdam/de/nahverkehr-gvb/strassenbahn-tram/

 

Text/Fotos: Klaus Karkmann © SeMa

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