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Frischluft für die Seele

Nord- und Ostsee: attraktive Tagesziele zum Durchatmen

In der ersten Jahreshälfte waren mehr oder weniger interessante Fernsehbilder, graue Tapeten und ab und zu das Telefon die zwangsweisen Begleiter vieler einsamer Senioren. Eben das höhere Alter und so mancher Risikofaktor ließen sie in der Corona-Krise vorsichtig sein – machten zudem ängstlich. Seit einigen Wochen kann es aber wieder losgehen. Im Spätsommer 2020 hat sich die Situation im  Bahnverkehr, bei Restaurantbesuchen und vor allen Dingen bei den Ausflugszielen wieder normalisiert. Da ist der Wunsch nach einem Tag Frischluft an der See logisch – ohne lästige Maske. Das „Senioren-Magazin“ hat getestet, welche Ziele sich für den sauerstoffhungrigen Senior für einen Tag lohnen. Dabei werden Anfahrtzeit/-Möglichkeit, die Weitläufigkeit des Ortes und das Ziel als solches bewertet.

Die Promenaden an der See waren im ersten Halbjahr 2020 genauso verlassen wie viele Menschen in ihren Großstadt-Wohnzimmern einsam waren. Die jetzt mehr oder weniger bewältigte Corona-Krise hatte besonders Senioren, die von den quarantänemäßigen Einschränkungen betroffen waren, die Frischluft geradezu abgeschnitten. Auf der einen Seite die Sehnsucht nach der frischen Brise und die Ratschläge der Virologen, ins Freie zu gehen, auf der anderen Seite die kaum zu bändigenden Ängste und Verunsicherungen. Es war fast nicht auszuhalten. „Manchmal wusste man wirklich nicht, wie man sich verhalten soll, aus jeder Ecke kamen Ratschläge“, sagt eine 75-jährige fit wirkende Dame aus Hamburg-Ottensen. Aber auch sie hatte sich lange nicht rausgewagt. Und nun? Nun ist Schluss mit unlustig.

Dann mal wieder rein ins Leben. Der Bahnverkehr an die See läuft wieder reibungslos, dazu kommt der glückliche Umstand, dass die Generation 65 plus eben zu Zeiten reisen kann, in denen der Normalbürger arbeitet – nämlich in der Woche. Die Folge: Die Nahverkehrszüge nach Kiel, Sylt, Travemünde oder zu andere Orten an Nord- und Ostsee sind generell leerer – Freiraum ist nach wie vor sehr wertvoll. Und die Urlaubermassen, die in den vergangenen Wochen bzw. Monaten des Sommerurlaubs so manche Abstandsgrenze an den Küsten überschritten, sind auch zu einem Großteil wieder zu Hause. An Stränden und auf Promenaden gibt es jetzt genügend Raum. Der Frischluftzufuhr für Lunge und Seele steht nichts mehr im Wege. Natürlich: Der Corona-Schaden ist unter Senioren mental nicht so schnell zu reparie-ren, viele ältere Menschen wünschen sich deswegen kürzere Fahrzeiten oder gar Busse mit viel Platz. Alles geht eigentlich wieder, der Wunsch nach einer kurzen Anreise von Hamburg aus wird so oder so bei einer Tagesfahrt das Ziel bestimmen. Nahe an der Hansestadt liegen zum Beispiel Travemünde, Kiel/Laboe und Boltenhagen (siehe den nebenstehenden Text). Da sind Ausflüge auf die Kultinsel Sylt oder das Spektakel Föhr mit Schiffsüberfahrt schon komplizierter. Muss das sein, kann das schon sein – oder doch besser nicht?

Letztlich fällt jeder Mensch selbst die Entscheidung, ob und wo er mal wieder einen Tag richtig entspannen will.  Ob es schon Orte mit viel Menschennähe sein dürfen oder doch eher die Natur: Der erholungshungrige Senior kann vor Ort entscheiden – und dann erst einmal tief durchatmen.

Infos zu Corona-Verhaltensregeln sowie Maßnahmen in Bus und Bahn im Internet immer aktuell unter www.bahn.de.

Tagesziele an Nord- und Ostsee im Test:

• Travemünde

Lübecks Stadtteil an der Travemündung ist vom Hamburger Hauptbahnhof mit dem Metronom in rund einer Stunde und 20 Minuten zu erreichen (inklusive Umstieg in Lübeck-Hbf.) Nur in der Hochsaison gibt es eine durchgehende Verbindung. Der Zielbahnhof Travemünde-Strand liegt optimal – man fällt vom Bahnsteig fast in die Ostsee. Auf der vor rund zwei Jahren verbreiterten Ostsee-Promenade gibt es jede Menge Freiraum, der breite Ostseestrand wartet gleich dahinter. Ein Tipp: Wer die Natur liebt, sollte das nahe liegende Brodtener Steilufer (wunderschöner Rad- und Wanderweg) besuchen.  

Anfahrt/Verbindung: Anfahrt mit dem Regionalexpress (RE) um 9.04 Uhr oder 10.04 Uhr von HH-Hbf., Umstieg in Lübeck, Fahrtzeit insgesamt rund eine Stunde, 20 Minuten.

Urteil: Für Senioren, die nicht so lange Zug fahren wollen und vielleicht nicht mehr ganz so mobil sind, das ideale Ziel.

• Boltenhagen

Auch Boltenhagen liegt sehr nah an Hamburg, hat jedoch keine Bahnverbindung zu bieten. Eine kurze Busfahrt ist un- umgänglich, vielleicht nicht ideal. Aber: Im mecklenburgischen Küstenort wird gerade ein schmucke Promenade auf Deichhöhe gebaut, der Ort wird weiter modernisiert. Boltenhagen ist für seine beeindruckende Architektur – sprich die Küstenhäuser – bekannt.

Anfahrt/Verbindung: Abfahrt ebenfalls 9.04 Uhr oder 10.04 Uhr, zwei Umstiege (einer in den Bus), Fahrtzeit insgesamt zwei Stunden und fünf Minuten.

Urteil: Nicht so weit, mit einer schönen Promenade direkt am Meer.

• Rostock-Warnemünde

Natürlich liegen Rostock und sein Stadteil Warnemünde weiter weg von Hamburg. Wer sich die gut zwei Stunden Zugfahrt aber zutraut, wird mit einem attraktiven Doppelziel belohnt. Rostock-Stadt mausert sich weiter, Warnemünde ist nur eine kurze S-Bahn-Fahrt entfernt. Und dort gibt es unter anderem das Kreuzfahrtterminal, alte Fischerboote im Hafen, den breiten Strand und das bekannte alte Hotel Neptun zu sehen.

Anfahrt/Verbindung: Direktverbindung mit dem Metronom vom Hamburger Hbf. nach Rostock, von da, wenn gewünscht, S-Bahn nach Warnemünde. Fahrtzeit bis Rostock-Hbf.: zwei Stunden und 32 Minuten, S-Bahnfahrt: rund 20 Minuten dazu.

Urteil: Vielleicht etwas zu weit für die erste Tagesfahrt. Eine Zugverbindung mit Umsteigen lohnt sich nicht, da die Fahrt dann wesentlich länger dauert.

• Kiel/Laboe

Auch die Landeshauptstadt an der Förde ist ein doppelt attraktives Ziel. Zum einen die Stadt Kiel – der Zielbahnhof (nur eine gute Stunde Fahrtzeit vom Hamburger Hbf) liegt direkt in der City und an der Förde. Es kann also gestaunt und geshoppt werden. Wer es verständlichermaßen noch ruhiger will, kann mit der Fähre (schöne Fahrt) nach Laboe oder Schilksee fahren, wo wie überall an der Kieler Förde viel Platz wartet. Und dann sind da noch die großen Schiffe, die ab und zu vorbeifahren.

Anfahrt/Verbindung: Start Hamburg-Hbf. Mit dem Metronom um 9.22 Uhr, Fahrtzeit bis Kiel-Hbf: eine Stunde und zehn Minuten. Die Fähre nach Laboe und Schilksee ist unkompliziert fußläufig zu erreichen.

Urteil: Unbedingt zu empfehlen, sehr vielfältige Möglichkeiten für einen Tag, kurze Anfahrt ohne Umstieg.

• Sylt

Vom Ruf und von der Lage her ist die deutsche Nobelinsel mit Sicherheit nicht zu schlagen. Ob sich ein Tagestrip dorthin lohnt, muss in Anbetracht der Zugfahrtzeit von rund drei Stunden jeder selbst beurteilen, immerhin ist der Zielbahnhof mitten in Westerland, direkt daneben eine große Fahrrad-Ausleihstation. Gosch wartet in der Friedrichstraße, das Flair der gesamten Insel ist unschlagbar.

Anfahrt/Verbindung: Ab Hamburg-Altona mit dem Nahverkehrszug um 9.40 Uhr oder 10.05 Uhr. Zwar kein Umstieg, rund drei Stunden aber Fahrtzeit bis Westerland. Bei einer Tagesfahrt wären also Hin- und Rückfahrt schon einmal mit sechs Stunden belegt.

Urteil: Als Tagestour wegen der langen Zugfahrt. Nur Senioren mit guter Kondition zu empfehlen.

• Föhr

Eine Attraktion der Nordseeinsel Föhr ist schon einmal die Fahrt dorthin. Es geht zunächst mit der Bahn (ein Umstieg in Husum), dann mit der Fähre durch die Robbenfelder. Herrlich und windig, aber auch ein ziemlich ausgiebiger Tag. Die Insel selbst bietet alles, was das Herz des Naturfreundes begehrt.

Anfahrt/Verbindung: Abfahrt von Hamburg-Altona mit dem Nahverkehrszug entweder um 9.40 Uhr oder 10.40 Uhr, Umstieg in Husum, die Bahnfahrt dauert rund zwei Stunden, 50 Minuten, die Fährfahrt vom Hafen Dagebüll (Bahnhof direkt am Schiff) dann noch einmal rund 40 Minuten.

Urteil: Anstrengender Tag wegen Umstiegs auf Bahn und Schiff, aber wunderschöne Verbindung. Vielleicht mal über ein oder zwei Übernachtungen nachdenken.

• St. Peter-Ording

Wer kennt nicht den scheinbar unendlichen Strand mit seinen Pfahlbauten. St. Peter ist sehr weitläufig, für den ein oder anderen Senior dürfte der Strand vielleicht sogar etwas zu weit weg liegen. Aber: der Wind, die Weite, die Dünen und die schicken Friesenhäuser, es lockt so einiges. Notwendig ist eine Bahnfahrt (gut zwei Stunden) mit Umstieg in Husum.

Anfahrt/Verbindung: Ebenfalls 9.40 Uhr oder 10.40 Uhr ab Hamburg-Altona mit dem Nahverkehrszug, Umstieg in Husum. Gesamtfahrtzeit rund zwei Stunden und 45 Minuten. Niedliche Bahnfahrt von Husum nach St. Peter-Ording.

Urteil: Obwohl hier auch eine recht lange Anfahrtzeit nötig ist, ist das Ganze recht unkompliziert. Wer die Weite der Nordsee liebt, nimmt das auf sich.

 

Abfahrtzeiten erst ab 9 Uhr berücksichtigt, wegen der kostengünstigen Nutzung des Schleswig-Holstein- bzw. Mecklenburg-Vorpommern-Tarifs der Bahn. Angebote gibt es teilweise auch bei Flixbus.                              

K. Karkmann © SeMa

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