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Eine Inselwelt vor der Haustür

Göteborg: schwedische Großstadt mit den Schären als lohnende Attraktion

Jeden Tag kommt ein Schiff
der Stena Line aus Kiel in
Göteborg an.

Schweden ist für manchen Deutschen recht schwer zu greifen. Keine tropischen Temperaturen, keine südländische Begeisterung mit Beach-Partys oder Sangria-Eimern. Und auch die bekannten Begriffe wie Ikea, Köttbullar oder Knäckebrot führen nicht so recht weiter. Derjenige aber, der sich (meist per Fähre) von Kiel nach Göteborg aufmacht, merkt recht schnell: Heia, das lohnt sich. Ob die blauen Straßenbahnen, die Bauten zwischen Antike und Hightech oder aber der lockere Lebensstil der Schweden: Hier gibt es neue Trends, neue Ideen und vor allen Dingen mit den Schären eine traumhafte Inselwelt vor der Haustür.

Dabei braucht die zweitgrößte schwedische Stadt (rund 600 000 Einwohner) gar nicht den Ruf einer Metropole. Skandinavisch zurückhaltend, liegen die Höhepunkte Göteborgs eher unauffällig im Zentrum, gut erreichbar mit den typischen blauen Straßenbahnen (größtes Netz Nordeuropas) oder sogar mit dem Fahrrad (gute, breit ausgebaute Radwege). Ob das Stadtmuseum, das Röhsska-Designmuseum, der Vergnügungspark Liseberg oder der Slottsskogen-Park, die attraktivste grüne Lunge der Stadt: Es ist (gut für Senioren) alles sehr nah beieinander. Aufpassen sollte der Fußgänger allerdings auf das verbreitete – aber natürlich sehr schöne – Kopfsteinpflaster.

Festungsanlage Skansen Kronan.

Diesen steinigen Untergrund kann man allerdings auch attraktiv meiden. Die ansonsten in großen Städten angebotenen Hop-on-Hop-off-Sightseeing-Touren (es gibt sie auch hier) werden in Göteborg durch die typischen Paddan-Bootstouren ersetzt. Diese offenen Cabrio-Boote schippern die Kanäle zwischen den Sehenswürdigkeiten entlang, nur sollte der gesundheitsbewusste Tourist an den niedrigen Brücken den Kopf einziehen, um kein unschönes Souvenir in Form einer Beule aus Schweden mit in die Heimat zu bringen. Kommentiert werden diese Touren in allen Sprachen.

Es lohnt sich, nach all diesen Aktivitäten in Göteborg hungrig zu sein, denn in der Kulinarik hat die Stadt ihre ganz großen Vorteile. „Guck mal, typisch schwedisches Essen“, äußert ein etwa 16-jähriges deutsches Mädchen ziemlich banal gegenüber seinen Eltern in den Saluhallen, der Gourmet-Meile Götesborgs schlechthin. Na klar, viele schwedische Leckereien à la Köttbullar, Lachs und alle Arten frischen Fisch warten dort schon, aber auch Pizza, Gyros, Paella oder  Sushi und alle Delikatessen dieser Welt sind dort vertreten. Noch besser wird es dann in puncto Bier, denn  in Göteborg reiht sich eine kleine Brauerei an die nächste. Also satt werden alle. Skal (prost) drinnen – und draußen an den an die Niederlande erinnernden Kanälen.

Ist das Preisniveau in Schweden für den deutschen Urlauber bekannterweise recht hoch, muss das in den Saluhallen nicht unbedingt so sein. Die vielen Angebote zur Mittagszeit sind nicht erheblich teurer als in Hamburg, Köln oder München. Ansonsten aber Vorsicht: Wer in einem der etlichen Sterne-Restaurants Göteborgs dinieren will, muss ordentlich löhnen, hier kann der hungrige Germane schon einmal 150 Euro aufwärts für zwei Personen loswerden. Das gilt genauso für Göteborgs Nobel-Einkaufsmeile Kungsportsavenyn, die  sogar die Preise am Neuen Wall in Hamburg oder auf der Kö in Düsseldorf toppt. Aber das muss ja nicht sein.

Ohnehin gibt es die größten Vorzüge der Stadt am Kattegat luftig, frei und ohne Bezahlung. Der frische Wind, die Seeluft und das gesunde Klima wirken entspannend, insoweit lockt eine Fahrt auf die Göteborg vorgelagerten Schären, die mit Straßenbahn und Booten als Nahverkehrsmittel zu erreichen sind, eigentlich unausweichlich. Göteborg ist eine tolle Stadt, aber eher dem Understatement verhaftet. Nur: Wer dort hinfährt, sollte auf jeden Fall die Schärenwelt gesehen haben. Dort spürt man Göteborg – und der Gedanke, ob Metropole oder nicht, wird komplett überflüssig.   

Eine Fahrt auf die
vorgelagerten Schären ist ein Muss bei einem Göteborg-Besuch. Die südlichen Schären
sind mit Straßenbahn und
Schiff leicht zu erreichen.

Göteborg/Schweden
Die Anreise nach Göteborg/Schweden erfolgt am besten mit dem Schiff über die Verbindung Kiel/Göteborg. Die (Auto-) Fähren starten generell um 18.45 Uhr und sind am kommenden Tag gegen 9.15 Uhr in Göteborg, umgekehrt sind die Zeiten identisch. Eine Fahrt kostet in der Doppelkabine pro Person ab 200 Euro (ohne Auto). Infos im Netz unter www.stenaline.de/kundenservice

Günstiger geht es mit dem Flugzeug, z. B. mit Eurowings, der Flughafen Göteborg liegt allerdings recht weit außerhalb der Stadt.Die Strecke Hamburg – Göteborg  bietet Eurowings im kommenden Jahr als Direktflug an (Preise ab rund 50 Euro). Eine Bahnfahrt von Hamburg nach Göteborg dauert mindestens neun Stunden und ist meist mit Umstiegen (oft in Kopenhagen) verbunden. Infos im Netz unter www.raileurope.com/de/destinations/hamburg-gothenburg-train

Weitere Infos im Netz zu Göteborg beim Fremdenverkehrsamt unter www.fremdenverkehrsamt.com/touristeninformation/index.html  
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Ein Hauch von Pippi Langstrumpf
Unmittelbar vor der Küste Göteborgs liegt eine der schönsten Schärenlandschaften Schwedens, der Göteborger Schärengarten. Es gibt die nördlichen Schären, etwas weiter weg und eher touristisch, oder aber den gut zu erreichenden südlichen Teil, dessen Besuch hier beschrieben wird.

Vom Hauptbahnhof Göteborg nimmt man hierfür die Straßen-bahnlinie 11. Diese fährt in etwas mehr als einer halben Stunde zur Endstation in Saltholmen. So lernt man gleich auch noch die niedlichen Vororte ein wenig kennen. Keine 100 Meter entfernt liegt das Fährterminal, wo die Schiffe zu den Schären ablegen. Hier steigt man um auf ein Schiff der Fährlinien 281 oder 282. Alternativ kann man zweimal täglich, morgens und abends, mit den gleichen Linien direkt vom Fähranleger Stenpiren in der Stadt nach Saltholmen und gleich weiter auf die Inseln schippern.
Zur Schärenidylle gehören eine frische Meeresbrise, das spiegelglatte Wasser zwischen den Inseln, das sich ständig ändernde Licht, runde oder schroffe Felsen mit zaghafter Vegetation und Kiefernwälder. Und dann sind da noch die für Schweden typischen bunten Holzhäuschen. Man hat das Gefühl, Pippi Langstrumpf persönlich würde gleich vor die Türe treten. Die meisten Touristen wandern die Schären ab, was zeitlich auch durchaus hinkommt. Alternativ können aber auch Fahrräder auf die autofreien Inseln mitgenommen werden. Mit ihnen lässt sich das Ganze schneller, aber genauso erholsam genießen.  
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Mit der EC-Karte auf die Toilette
Eine Sorge weniger. Um den Umtausch des Euro in schwedische Kronen braucht sich der Tourist aus Germania eher nicht zu kümmern: warum? Weil Schweden unübersehbar ein Vorreiter in Sachen Online-/Kartenzahlung ist.

In Göteborg jedenfalls ist das Bar-Zahlen die Ausnahme und auch nicht gern gesehen. Selbst kleinstes Beträge werden per Karte beglichen, gefragt wird der Kunde da nicht lange. In Supermärkten ist höchstens noch am Rande irgendwo eine Kasse zu sehen, wo ein mehr oder weniger netter Verkäufer abrechnet, die Scanner-Kassen dominieren. Und auch nicht nur die junge die Bevölkerung scheint sich darauf eingestellt zu haben.

Als Beispiel gelte der nun mal regelmäßige Besuch einer Toilette zum Beispiel auf dem Hauptbahnhof oder in anderen öffentlichen Gebäuden. Keine Münzen, keine Teller zum Drauflegen, dafür hängen an den Schlössern kleine Automaten, durch die die EC- oder Kreditkarte gezogen werden muss. Im Restaurant räumt ab und zu dann ein Roboter ab.

Es mag ungewohnt sein, aber bald merkt auch der Tourist, dass die ganze Sache gut läuft und auch schneller geht. So oder so: Fragen  tut in Göteborg/Schweden niemand mehr, es ist eben so. Und mit Sicherheit wird es auch bei uns bald so sein.


Klaus Karkmann © SeMa

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