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Lebensaufgabe mit vier Master

Mathias Kahl und der Großsegler „Peking“: Zwei Dinge, die nicht zu trennen sind

Ein Mensch ohne Träume ist wie ein Boot ohne Segel. Es gibt viele Sprichworte wie dieses über Segler, Segelschiffe, das Meer und seine Tücken. Mathias Kahl wird ein Großteil von ihnen kennen. Nicht nur das: Der Vorsitzende der Freunde der Viermastbark Peking e.V. verkörpert in seiner Vita eine Mischung aus Seefahrer, Segler, Kaufmann und Historiker. Er weiß alles, nicht nur über „sein“ Schiff, man könnte glauben, seine Haut habe die Festigkeit eines Segels, seine Erfahrung halte jedem Sturm stand. Na ja, vielleicht etwas übertrieben, zumindest hat der 74-jährige Skipper, der heute noch engagiert selbst Gäste über die Vier-Mast-Bark im Hamburger Hafen führt, viel zu erzählen. Das Senioren-Magazin erhielt einen Einblick in das Leben des Mannes, der ganz nüchtern sagt, was man glaubt, wenn man ihm in die Augen schaut: „Ich lebe meinen Traum.“

Und der hat viel mit seinem Vater zu tun. Der nämlich stieg als 15-jähriger Schiffsjunge im Jahr 1928 auf der „Peking“ ein und ging 1930 als Matrose von Bord. In seiner Abenteuerlust habe er die äußerst harte Ausbildung auf dem Großsegler akzeptiert. Wenn Mathias Kahl zwischen seinen interessierten Gästen im renovierten Frachtraum steht und die Historie schildert, glänzen seine Augen. Er ist sichtlich stolz auf die Denkweise und Einstellung, die ihn und seinen Vater vereint. Als späterer Kapitän gebe es nichts Besseres als diese harte Schule.

Die eindruckvollen Schilderungen zeigen bei den Senioren, die der Mann, der 42 Jahre lang in der Schiffahrt als Kaufmann tätig war, über seinen gelebten Traum führt, Wirkung. „Man kann sich doch gar nicht mehr vorstellen, was hier an Bord körperlich geschuftet wurde“, sagt zum Beispiel der Hamburger Jens Danklfesen (84), der die „Peking“ auf einer Führung für Senioren bestaunt. Säcke schleppen ohne Ende, kaum Pausen, ein spatanisches Leben auf engstem Raum, an Gewerkschaften oder humane Regeln unserer heutigen Zeit war nicht zu denken. Die etwa 45 meist etwas älteren Personen, die Kahl und sein Team an diesem Tag an Bord zu Gast haben, wird vor Augen geführt, wie einfach es viele Menschen in der heutigen Konsumgesellschaft haben.

Selbst Mathias Kahl erlebt an diesem Tag etwas, was er nicht so oft hat. Stolz stand ihm die Hamburgerin Inge Südecum gegenüber und verkündete: „Auch mein Vater ist auf diesem Schiff gefahren.“ Er habe im Alter von 20 Jahren (Jahrgang 1908) auf der „Peking“ angeheuert, habe später in der Nordsee sein Seemannsgrab gefunden. Einen kleinen Moment hört Mathias Kahl interessiert zu – bevor er wieder das Kommando in Sachen alter Seefahrergeschichten übernimmt. Ein Seemannshoch auf die Väter.

Bei aller Erinnerung an vergangene Zeiten, kann der Verein Freunde der Viermastbark PEKING auch stolz auf die Gegenwart sein. Es geschah und geschieht eine Menge an Bord des Großseglers. Zurzeit werden die Backbordseite, der Kapitänssalon und das Mannschaftslogis sowie die Kombüse im Brückenhaus aus-gebaut. Dort fehlt zum Beispiel noch ein Kohle-Kochherd. Im kommenden Jahr werde dann ein Metall-Rettungsboot folgen, das aber auch komplett renoviert werden müsse, schildert Mathias Kahl. Zu tun gebe es immer etwas – und das auch noch lange.

Das alles erfodert eine unglaubliche Geduld und Zeit. Das höchste Ziel sei es nämlich, alles so naturgetreu wie möglich zu restaurieren. „Das sind wir uns, den Gästen und der Geschichte der „Peking“ schuldig“, schildert der Mann, den man das glauben kann. Von den Kosten ganz zu schweigen – eben eine recht teure Lebensaufgabe. Nach Originalteilen werde dann zum Beispiel sogar in England gesucht, bis der Kapitän in sein schmuckes Reich einziehen kann, wird es noch lange dauern.

Für die Gruppe beeindruckter Senioren ist die Führung nach rund 1,5 Stunden zu Ende. Als Mathias Kahl sie von Bord führt, haben sie nicht nur ein altes Schiff besichtigt, sie haben imposante Einblicke in Seefahrerleben der vergangenen Zeiten bekommen. Sie tauchen nun wieder in die Gegenwart der Großstadt ein – Mathias Kahl darf seinen Traum weiter leben.   

Der lange Weg der „Peking“
Lange Wege, Schäden und ein Happy End in Hamburg

• Im Jahr 1909 bestellte die Reederei Laeisz die „Peking“ zusammen mit der späteren „Passat“. Die Viermastbark lief am 25. Februar 1911 bei der Hamburger Werft Blohm & Voss vom Stapel. Die Baukosten betrugen damals rund 680 000 Goldmark.
• Am 22. Juni 1911 lief die „Peking“ unter Kapitän J. H. Hinrich Nissen zu ihrer Jungfernfahrt aus. Am 28. Januar 1912 war sie dann von dieser ersten Reise wieder in Hamburg zurück. Kapitän Nissen führte die „Peking“ danach ab dem 30. November noch dreimal auf der Route Hamburg–Antwerpen–Chile.
• Nach Kriegsende erfolgte die Rückführung von Caleta Coloso (Chile)  nach London.
• Am 10. Mai 1921 ging das Schiff als Reparation an Italien, wo man jedoch keine Verwendung für die Viermastbark hatte.
• In den Jahren 1928 und 1929 machte das Schiff unter dem Kommando von Kapitän Jürgen Jürs zwei Reisen nach Talcahuano.
• Ihre letzte Reise unter der Flagge von F. Laeisz führte die „Peking“ 1931/1932 unter Kapitän Hans Rohwer nach Valparaíso und dann von Taltal (Chile) nach Santander (Spanien). Wenig später endete die Segelkarriere des Schiffes für immer.
• Von 1932 bis 1974 diente die „Peking“ dann als Internats- und Wohnschiff in Großbritannien.

• Am 31. Oktober 1974 wurde die Viermastbark an die J. Aron  Charitable Foundation versteigert. Vom 5. bis zum 22. Juli 1975 wurde der Rumpf der „Peking“ nach New York geschleppt. Dort wurde sie originalgetreu wieder aufgeriggt. Mit der Beschriftung  „Peking Hamburg“ lag sie fortan am Pier des Seaport-Museums in New York.
• 2001 reisten der ehemalige Syndikus der Handelskammer Hamburg Reinhard Wolf und der Vorstand der Stiftung Hamburg Maritim Joachim Kaiser, nach New York, um die Möglichkeit einer Rückholung des Schiffes zu sondieren. Entsprechende Übergabeverhandlungen zogen sich jedoch über viele Jahre hin.
• Im Oktober 2012 erlitt das Schiff  erhebliche Schäden durch eine mit dem Hurrikan Sandy verbundene Sturmflut, wobei die inzwischen völlig marode „Peking“ noch weiter beschädigt wurde.
• Schließlich kam im letzten Augenblick 2015 ein Gespräch zwischen Wolf und dem Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zustande, der das Projekt der Rückholung des Schiffes sofort unterstützte. Es gelang ihm, gemeinsam mit seinem CDU-Kollegen Rüdiger Kruse  einen Beschluss des Haushaltsauschusses des Bundestages herbeizuführen, mit dem das im Aufbau befindliche Deutsche Hafenmuseum mit insgesamt 120 Mio. Euro bezuschusst werden sollte, wovon 26 Mio. auf die Rückholung und Restauration der „Peking“ entfielen.
• Eigentümer des Schiffes wurde die Stiftung Hamburg Maritim. Sie erhielt im Mai 2016 den Auftrag zur Rückholung und fachgerechten Restaurierung.
• Der Transport über den Atlantik mit dem Dockschiff „Combi Dock III“ begann am 19. Juli 2017. Am 30. Juli 2017 traf das Dockschiff mit der  „Peking“ in Brunsbüttel ein.
• Am 2. August 2017 wurde die „Peking“ zur Peters-Werft überführt. Hier wurde das Schiff – mit Unterbrechungen – aufgearbeitet und im Mai 2020 an die Stiftung Historische Museen Hamburg übergeben.

Die PEKING in Zahlen

• Abmessungen: 115 Meter x 14,40 Meter x 7,24 Meter
• Besegelung: 32 Segel mit rund 4100 Quadratmeter Segelfläche
• Besonderheit: Historisch rund 4700 Tonnen Landekapazität
• Besatzung als Frachtsgeler 31 Mann
• Die Renovierung der Peking kostet insgesamt fast 40 Millionen Euro

Kontakt/Anfrage Führungen:
Freunde der Viermastbark PEKING e.V., Mathias Kahl (Vorsitzender),
Tinsdaler Kirchenweg 238c, 22559 Hamburg Deutschland
Tel.: +49 (0)40 / 81 09 16, Mobil: +49 (0)172 / 8 411 411, Fax: +49 (0)40 / 81 99 15 85 E-Mail: info@peking-freunde.de

Kontoverbindung für Spenden:
Verein Freunde der Viermastbark PEKING e.V. Hamburger Sparkasse IBAN DE43 2005 0550 1002 1745 46 BIC HASPDEHHXXX weitere Informationen im Netz unter www.peking-freunde.de

 

Klaus Karkmann © SeMa

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