Smartwatch – Hilfe für Herzpatienten
Uhrzeiten darstellen oder Schritte erfassen. Das sind nur zwei Dinge, die Smartwatches erfüllen. Moderne Geräte lassen sich auch medizinisch einsetzen, wie eine aktuelle Studie der Universitätskliniken Greifswald und Basel demonstriert.
Wie hoch ist mein Blutdruck? Wie viele Schritte habe ich heute zurückgelegt? Immer mehr Menschen legen sich eine Smartwatch zu, um mit dieser zeitgemäßen Form der Digitaluhr ihre Vital- und Fitnessdaten zu ermitteln. Auf diese Art können sie ihre Gesundheit besser im Blick behalten und, falls die Werte nicht im grünen Bereich liegen, reagieren. Noch sinnvoller ist der Einsatz so einer Smartwatch jedoch für diejenigen, die an solchen gesundheitlichen Problemen leiden, die für deren Organismus gefährlich sein können. Das betrifft vor allem alle Herz- und Kreislauferkrankungen wie insbesondere das sogenannte Vorhof-flimmern.
Deutsch-schweizerische Forschung
Im Handel erhältliche Smartwatches können auf dieses Vorhofflimmern rechtzeitig aufmerksam machen, da die Geräte die Hinweise unseres Körpers richtig erkennen können. Das ist das Ergebnis, zu dem eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Herz- Kreislauf-Forschung, kurz DZHK, an der Universitätsmedizin Greifswald und Wissenschaftlern des Universitätsspitals Basel gekommen ist. Unter dem Namen „SmartWATCHes for Detection of Atrial Fibrillation“ publiziert, kurz WATCHAF-Studie genannt, kommt das Forschungsprojekt zu dem Ergebnis, dass elektronische Armbanduhren nun auch dafür eingesetzt werden können, Patienten mit Herzrhythmusstörungen bequem und regelmäßig zu überwachen. Daraus ergeben sich für den Betroffenen zwei wichtige Aspekte: Zum einen kann das Vorhofflimmern früher als bisher entdeckt werden, und zum anderen lässt sich dadurch das Risiko für einen Schlaganfall deutlich reduzieren.
Über 90 Prozent frühere Diagnose
Wie genau lief die Studie ab, die zu diesem erfreulichen Ergebnis gekommen ist? Im Grunde genommen sehr einfach, denn die beteiligten Wissenschaftler arbeiteten mit der sogenannten PPG-Pulswellenanalyse. Dabei handelt es sich um eine Technik zur mobilen EKG-Aufzeichnung. An der Studie beteiligt waren insgesamt 650 Patienten, brauchbar ausgewertet werden konnten jedoch nur die Ergebnisse von rund 500 Patienten, da bei den übrigen Teilnehmern die Daten bzw. Signale zu schwach waren. Die EKGs wurden dabei von Ärzten begutachtet, die vor der Studie zu Patienten bzw. Teilnehmern keinen Kontakt hatten und keine weiteren Informationen erhielten. Das Ergebnis: Durch die PPG-Analyse konnte das Vorhandensein eines Vorhofflimmerns bei 237 Patienten mit einer Genauigkeit von rund 96 Prozent ermittelt werden.
Kleine Uhr mit großer Wirkung
Mit der aktuell vorliegenden Studie konnten Untersuchungen bestätigt werden, die bereits in den vergangenen Jahren in den USA ermittelt wurden. Dazu gehört die in San Francisco im Jahr 2018 herausgebrachte JAMA Cardiology-Studie, nach der per Photoplethysmograph, also elektronischer Armbanduhr („Wearable“ oder „Smartwatch“) ermittelte Daten so eingesetzt werden können, dass sie die Herzfrequenz bestimmen. Die Gefahr eines Vorhofflimmerns kann so frühzeitig erkannt und gemindert werden. Dafür muss der betroffene Patient kein großes, schweres Gerät mit sich tragen, sondern kann mit der Smartwatch am Arm bequem überall unterwegs sein. Die spezielle Armbanduhr besteht aus einer LED und einer Fotodiode, die beide so klein sind, dass sie auf der Rückseite einer Smartwatch Platz haben. Über die LED werden mehrere Hundert Male pro Sekunde kleine Lichtblitze ausgesendet, die von der Fotodiode in Form von reflektiertem Licht gemessen werden. Die Lichtmenge verändert sich mit dem Herzschlag, da nach jeder Systole die Durchblutung zunimmt. Das wird auch über die Hautfarbe sichtbar. Daraus kann die in der Smartwatch eingebaute Software dann die Herzfrequenz ihres Benutzers berechnen und so auf die Gefahr eines möglichen Vorhofflimmerns aufmerksam machen.
Erkrankung mit hohem Schlaganfallrisiko
Für diesen sinnvollen Einsatz einer Smartwatch gibt es aus medizinischer Sicht einen besonders guten Grund: Menschen, die von Vorhofflimmern betroffen sind, leiden an der häufigsten Form einer Herzrhythmusstörung. Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind aktuell von ihr betroffen. Tendenz steigend, denn Experten gehen davon aus, dass die Störung in den nächsten 40 Jahren bei über 55-Jährigen sogar doppelt so häufig wie aktuell auftreten wird. Das Gefährliche daran ist die Tatsache, dass das Risiko für einen Schlaganfall ansteigt, wenn das Herz flimmert und damit aus dem Takt gerät. Betroffene werden mit Antikoagulantien (Blutgerinnungshemmern) behandelt, die das Flimmern um bis zu 70 Prozent reduzieren können. Allerdings wird es eben dadurch auch gar nicht erst erkannt und kann so viel häufiger einen Schlaganfall auslösen.
Hinweise auf Vorhofflimmern
Die Symptome von Vorhofflimmern sind oft unspezifisch, oder es treten bei vielen Betroffenen auch gar keine Beschwerden auf. Während manche Patienten erklären, dass sich ihre Beschwerden als ein starkes Herzrasen beziehungsweise Herzstolpern gezeigt haben, klagen andere Patienten über die folgenden Symptome: Antriebslosigkeit, Atemnot, Brustschmerzen oder ein Engegefühl in der Brust, Erschöpfung, innere Unruhe, Schwindel, Schwitzen, Schlafstörungen. Außerdem wird das Vorhofflimmern gerade bei älteren Menschen oftmals durch Herzschwäche, Bluthochdruck oder einen vorausgegangenen Schlaganfall begleitet, wobei Menschen, die rauchen oder an Fettleibigkeit leiden, genauso übermäßig gefährdet sind wie Personen mit überhöhtem Alkoholkonsum, viel Stress, Diabetes, Lungen- oder Nierenerkrankungen.
Positive Effekte der Smartwatch
Mit der aktuellen Studie ist Professor Marcus Dörr von der Universitätsmedizin Greifswald und seinen Schweizer Kollegen vom Universitätsspital Basel ein wichtiger Schritt gelungen. Prof. Dörr weist aber auch darauf hin, dass der Einsatz der Smartwatch durchaus noch Verbesserungen mit sich bringt, da die Ergebnisse unter anderem durch Bewegungen verfälscht werden können. Das ist vor allem während der Nacht der Fall. „Eine mögliche Lösung könnte sein, neben der Verbesserung des Algorithmus, den Herzrhythmus nachts mehrfach automatisiert aufzuzeichnen, wenn man sich weniger bewegt“, so DZHK-Wissenschaftler Dörr. Er betont positiv aber auch, dass bereits eine wiederholte einminütige Aufzeichnung ausreicht, um Herzrhythmusstörungen zuverlässig und rechtzeitig zu entdecken.
Alexandra Petersen © SeMa
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