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Zwischen Angst und Akku

E-Bike-Serie Teil 2: Rückenwind aus der Steckdose.

Viele Gewinner gab es in den vergangenen Krisen-Monaten nicht, aber die Fahrradindustrie gehörte mit Sicherheit dazu. Vor allen Dingen der E-Bike-Boom sorgte für volle Auftragsbücher, leer geräumte Lager und Ersatzteil-Knappheit. In einer Serie beleuchtet das SeMa diesen Trend, gibt dazu jede Menge Tipps für diejenigen Senioren, die auch mit einem Rad-Kauf oder  einer Tour liebäugeln. Im zweiten Teil geht es um die Frage, ob das Fahren eines E-Bikes für Senioren gefährlich werden kann und was sie beachten sollten.

Eine Kurve kann scharf  sein – so scharf wie ein E-Bike schwer ist. Wer sich auf den E-unterstützten Rädern im wahrsten Sinne  des Wortes dem Rausch der Geschwindigkeit hingibt, ist oft genauso schnell wieder nüchtern. Und selbst diejenigen, die vom E-Bike-Boom geschäftlich profitieren, raten natürlich zum Kauf, aber warnen  auch, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. „Zumindest sollte man gerade als älterer Mensch eine erhöhte Sorgfaltspflicht an den Tag legen, mehr Aufmerksamkeit ist schon angebracht“, sagt zum Beispiel Benjamin Woytkowiak, Verkaufsleiter bei 1000 Räder in Hamburg-Wandsbek (siehe auch Interview im Nebentext). Niemand müsse vor dem E-Bike-Fahren Angst haben, Respekt aber würde genauso wenig schaden wie generell ein Helm und die richtige Ausrüstung, ergänzt der Hamburger Experte.

Aber was ist da richtig? Im Meer der Zweiräder reicht das Ange-bot von angenehm über seriös bis sportlich, vom City- über das Mountain-Bike bis zum Renn-Modell. Bei der Auswahl  sollte der E-Bike-Neuling schon dem Alter entsprechenden Realismus an den Tag legen, der Radler 65plus dürfte in der Regel eher ein „Cruiser“ sein. „Für ältere Menschen erweist sich oftmals ein Tiefeinsteiger bzw. ein E-Bike mit Komfortrahmen als die beste Wahl. Diese Modelle zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Rahmen ohne Oberrohr auskommt. Dadurch wird das Auf- und Absteigen erheblich erleichtert, da das Bein nicht so weit angehoben werden muss“, rät  Benjamin Woytkowiak (42), selbst regelmäßig auf dem modernen Stahlross unterwegs, weiter. Mit Angst besetzter Stress sollte die ganze Sache eben nicht werden, der Spaß, die frische Luft und eben die günstige, umweltfreundliche Art, vorwärts-zukommen, machten es aus. Und das sei für jeden möglich.

Dieser vorsichtige Rat gilt aber nur für E-Bike-Anfänger. Längst sitzt auch die Generation 65plus auf modernen, oft schnittigen Mountain-Bikes mit genoppten Breitreifen oder auffälligen Schutzblechen. Bei aller Vorsicht im Alter müssen es nicht immer die einfache Alsterrunde oder ein Flussradweg sein. Da locken den bikeerfahrenen Großvater ganz andere Sachen (siehe auch nächste Serienfolge mit Tourentipps). Im Extremfall kann das Downhill in den Dolomiten oder Power-Aufstieg im Salzburger Land bedeuten. Das Angebot ist groß – und warum sollte es eine Altersbeschränkung geben?
Allein diese Auswahl neben allen umweltspezifischen Argumenten steht für den Siegeszug des E-Bike.  Man muss es wohl erlebt haben: „Es gibt einem einfach Freiheit, Wenn du schon einmal auf einem E-Bike gesessen hast und dieses unglaubliche Gefühl kennst, die eigene Leistung wie durch einen Katalysator zu verstärken, möchtest du nie wieder ein herkömmliches Fahrrad fahren“, sagt zum Beispiel Klaus-Peter Glasse (70), der täglich unterwegs ist – eben ein alter E-Bike-Hase. Man fahre los und schaffe es eben alles locker, strahlt der Schnelsener Sport-Rentner. Dabei muss der Ehrgeiz nicht auf der Strecke bleiben – sozusagen mal ab und zu Downhill statt Dauerschlaf. Und dann kann die Kurve ruhig mal scharf sein. 

Rad-Experte Benjamin Woyt-kowiak (42) ist sich sicher, dass jeder Senior mit dem passenden E-Bike klarkommen kann.

„Jeder kann viel Freude haben“

Interview mit Benjamin Woytkowiak (42), Verkaufsleiter bei 1000 Räder in Wandsbek:

SeMa: Hat sich das Durchschnittsalter der E-Bike-Käufer in den vergangenen Jahren verändert?

B.W.: Ja, eindeutig. Waren die E-Bike-Käufer vor einigen Jahren in der Regel noch 55 Jahre und älter, ist heute die Gruppe im Alter von 40 bis 55 Jahre am meisten vertreten.

SeMa: Würden Sie sagen, dass das E-Bike-Fahren für Senioren generell zu gefährlich sein kann?

B.W.: Das würde ich pauschal nicht so sagen. Wer Rad fahren kann, kann auch E-Bike fahren. Nur muss man immer bedenken, dass man mit der Unterstützung beim Treten, es ist kein Motor im technischen Sinne, bis zu 25 km/h und schneller werden kann. Das ist nicht jeder gewohnt.

SeMa: Meinen Sie, der E-Bike-Trend wird noch zunehmen?

B.W.: Mit Sicherheit. Nicht nur, dass der Boom zurzeit da ist, er wird sich noch massiv steigern. Die Käuferschicht wird immer breiter.

SeMa: Und die Preise?

B.W.: Die werden weiter steigen. Räder werden heute schon pro Monat 50 bis 100 Euro teurer, der Trend wird anhalten.

SeMa: Lohnt es sich, gebrauchte E-Bikes zu kaufen?

B.W.: Generell schon. Bloß muss man noch mehr Sorgfalt beim Kauf an den Tag legen. Der technische Zustand muss geprüft werden, besonders wichtig ist ein guter und belastbarer Akku.

SeMa: Was muss man sonst noch beachten?

B.W.: Die Pflege ist beim E-Bike das Ein und Alles. Kette, Technik, Akku, Stabilität müssen regelmäßig gewartet werden. Macht man das, kann man mit einem gebrauchten E-Bike sehr viel Freude haben.

TIPPS
für den E-Bike-Kauf für Senioren im Internet
• Ratschläge unter www.elektrobike-online.com/e-bike-kaufberatung/das-muessen-senioren-beim-e-bike-kauf-beachten/
• Ratschläge unter https://www.provita-deutschland.de/das-e-bike-eine-bereicherung-fuer-aeltere-menschen/
• E-Bike-Vergleich unter https://www.stern.de/vergleich/e-bike/

 

Klaus Karkmann © SeMa

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