Verliebt in Matjes

In einen Harung jung und schlank, zwei, drei, vier, sit tata, tirallala,
der auf dem Meeresgrunde schwamm, zwei, drei, vier, sit tata, tirallala,
verliebte sich, o Wunder, ’ne olle Flunder, ’ne olle Flunder,
verliebte sich, o Wunder, ’ne olle Flunder.

Selbst wer in jungen Jahren keinen Fisch mochte – das Lied von der verliebten Flunder und dem schlanken Harung wurde begeistert mitgesungen. Unabhängig vom Lied gilt für Fischfreunde – man muss keineswegs eine ‚olle Flunder‘ sein, um sich in den zum Matjes veredelten Harung aus Glückstadt zu verlieben. Es reicht völlig aus, Feinschmecker zu sein. Die leckeren Fischchen aus dem idyllischen Glückstadt sind schon etwas ganz Besonderes. Davon können sich jedes Jahr Besucher des Glückstädter Matjesfestes vor Ort überzeugen. Dazu ist in diesem Jahr nach Coronapause wieder Gelegenheit. Als Ehrengast darf am Donnerstag, den 09.06., um 17 Uhr, auf dem Marktplatz Dr. Dorit Kuhnt, Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung den ersten Matjes anbeißen. Anschließend wird vier Tage lang in der ganzen Innenstadt gefeiert. Flohmarkt und Kindermeile, Kunsthandwerk und Kultur sowie Open Ship bieten sich den Besuchern. Livebands bringen die Stadt zum Swingen. Und natürlich gibt es Matjes in seiner ganzen Vielfalt. „Dat schall glücken un dat mutt glücken, un denn schall se ok Glückstadt heten“, soll Christian IV., König von Dänemark und Herzog von Holstein, gesagt haben, als er die Gründung der Stadt als wirtschaftlichen Gegenpol zu Hamburg befahl. Das mit der Überflügelung von Hamburg hat nicht ganz geklappt – aber der Matjes aus Glückstadt, der ist eine Klasse für sich und schmeckt garantiert auch Hamburgern – selbst exotisch mit einer Curry-Bananensoße! Das ganze Programm im Internet unter: https://glueckstadt-tourismus.de/glueckstaedter-matjeswochen/

Das Original

Jeder Matjes ist ein Hering – aber nicht jeder Hering darf Matjes werden. Ausgangsprodukt sind Heringe, die noch nicht Milch oder Rogen ausgebildet haben. Fangzeit ist von Mai bis Juni. Diese „jungfräulichen“ Heringe haben sich bis dahin eine respektable Fettschicht von mehr als 15 Prozent des Körpergewichtes angefressen. Das Fett enthält reichlich Omega-3-Fettsäuren.Da der menschliche Körper diese nicht selbst bilden kann, müssen sie mit dem Essen aufgenommen werden. Studien haben die wichtige Funktion von Omega-3-Fettsäuren für das Gehirn nachgewiesen. Omega-3-Fettsäuren fördern die Durchblutung, sind günstig für die Blutfettwerte und beugen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass diese Fettsäuren auch gegen Depression wirken und Aggressionen mindern. Alles gute Gründe für den Matjes!

Nichts als Fisch und Salz

Der fangfrische Hering wird ausgenommen, nur die Bauchspeicheldrüse bleibt im Körper des Fisches zurück. Bei minus 45 Grad folgt dann die gesetzlich vorgeschriebene Schock-Frostung, um mögliche Fadenwürmer, sogenannte Nematoden, abzutöten. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass diese Heringe ohne jede Qualitätseinbuße jederzeit zu Matjes veredelt werden können. Die Enzyme der Bauchspeicheldrüse sorgen für die richtige Reifung des Matjes. Zum Salzen wird der Fisch traditionell in Fässern gelagert. Dort reift er an der Gräte. Im Handel bekommt man den Fisch mit dem leicht butterartigen Duft und dem marzipanhellen Fleisch das ganze Jahr über.

Matjesfilet nordische Art ...

... ist sehr häufig im Handel erhältlich. Er reift nicht an der Gräte, sondern als Filet. Erlaubt ist die Zugabe von Zucker und verschiedener anderer Zutaten, darunter Kochsalz, Gewürze und Säuerungsmittel. Daraus ergibt sich ein geschmacklicher Unterschied. Matjesfilet nordische Art ist eher säuerlich und salziger als das Original. Die Enzyme zur Reifung müssen im Gegensatz zum klassischen Matjes nicht aus der Bauchspeicheldrüse des Fisches stammen. So reifen die Filets schneller. Unter Kennern gelten die so verarbeiteten Heringsfilets aber als weniger zart.     

F. J. Krause © SeMa