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Neues Leben für alte Bilder und Filme

Am Sonntag, dem 20. Juni 1948, trat in Westdeutschland die lang erwartete Währungsreform in Kraft. Die neue Deutsche Mark ersetzte die alte inflationäre Reichsmark-Währung. Das Jahr gilt auch als Geburtsjahr des Wirtschaftswunders, das mit leichten Schwankungen bis 1973 dauerte. 1951 erhielt der Maschinenbauingenieur Heinz Flessner aus Neu-Isenburg eine Lizenz für die industrielle Produktion von Kartoffelchips in Deutschland. Ein Leben ohne Chips ist seither kaum noch vorstellbar. Fast zeitgleich zum Siegeszug der frittierten Kartoffelscheiben eroberte ein anderes Produkt die Wohnzimmer. Reichte es bei den Chips aus, sie zu kaufen und auf den Tisch zu stellen, bedurfte es für das Diapositiv – kurz Dia – eines längeren Anlaufs. Es musste geboren, eingeschult, gefeiert oder im Idealfall gereist werden. Die bei diesen Gelegenheiten entstandenen Fotos wurden nicht mehr über Negative aufs Fotopapier gebracht und dann per Fotoecken ins Album geklebt. Nein – nach Anschaffung von Diaprojektor und Leinwand trafen sich Kartoffelchips und Dias in unzähligen Wohnzimmern wieder.

Kai Bicker in seinem Studio. Hier haucht er alten Bildern neues Leben ein.
Foto: Krause

Freud und Leid für Freunde und Familie

Der Dia-Abend oder -Nachmittag hielt Einzug in deutsche Haushalte. Weiter ging es mit Super-8-Filmen sowie Videos. Und weil ein Urlaub, eine Feier oder eine Geburt den Aufwand der Verdunklung und des Umräumens nicht lohnte, wurde gern auf andere Ereignisse zurückgegriffen. Wie schön war es für alle, die mit im Urlaub waren, den Watzmann mal scharf oder leicht verwackelt – sozusagen im Nebel – zu sehen. Schön, die Familie oder Freunde vor mediterraner oder alpiner Kulisse zu erblicken. Unbeteiligte dagegen konnten begeisterungstechnisch nicht immer mithalten, sie machten aber möglichst interessierte Mine zu eher ermüdendem Spiel. Wenn das Familienmitglied, das den Vorführer machte, mit der Technik zu kämpfen hatte, wurde es für alle spannend. Nicht immer durfte gelacht werden. Immer oder zumindest fast immer gab es Kartoffelchips, denn die gehörten zum Dia-Abend unbedingt dazu. Mit dem Beginn der digitalen Fotografie kam es zu einem historischen Bruch. Die Kartoffelchips – inzwischen in fast unzähligen Varianten – setzten ihren Siegeszug fort. 38 Prozent der Bundesbürger essen regelmäßig frittierte Kartoffelscheiben. Knapp sieben Millionen von ihnen greifen mehrfach wöchentlich zur Tüte. Weitere 35 Prozent sind Gelegenheitsesser. Und die Dias? 2005 musste Agfa Insolvenz anmelden. Kodak stellte die Produktion ihrer Dia-Filme 2009 wegen geringer Nachfrage ein.

(vorher) Auch wenn die Chips den Wettkampf um die Gunst der Bundesbürger gewonnen haben – Dias sind nachhaltiger und gesünder als Kartoffelchips.
Foto: Krause

Kann das weg oder taugt es noch?

Es ist nicht nur Nostalgie, dass die gerahmten, durchsichtigen Bildchen wieder ins Rampenlicht rücken. Denn Dias sind besser als viele der heute bereits verblichenen Papierbilder. „Es sind nicht nur die ‚Erstbesitzer‘, die Interesse daran haben, die Bilder am Laptop, PC oder Fernsehbildschirm zu erkunden“, so Kai Bicker, der im Hamburg Digitalisierung alten Materials anbietet, „sondern zunehmend interessieren sich nachfolgende Generationen dafür. Und da sind Dias wahre Schätze. Denn sie sind in aller Regel so hoch aufgelöst, dass die Qualität der digitalen Bilder ausgezeichnet ist. Und dank modernster Technik können kleine Fehler bereinigt werden.“ Bicker ist aus eigenem Interesse zum Digitalisieren von Diapositiven gekommen. „Vor rund 20 Jahren habe ich begonnen, Familien-Dias ins neue Zeitalter zu überführen“, erzählt der 50-jährige Hamburger Polizist. „Aus dem ursprünglichen Hobby ist heute ein Nebenerwerb geworden, der mir viel Freude macht.“ Bicker legt großen Wert auf persönlichen Kontakt – und zwar analog. Wenn jemand ihm seine alten Dias oder Filme anvertraut, möchte er gemeinsam mit dem Kunden herausfinden, was der Auftraggeber erwartet und welches der digitalen Speichermedien – USB-Stick oder DVD oder andere Varianten – für dessen Zweck optimal sind. Nötigenfalls holt Bicker das Material auch ab. Für den Müll sind „historische“ Aufnahmen einfach zu schade.

(nachher)
Foto: Krause

Von der analogen in die digitale Schublade?

Das wäre schade, denn das digitale Bildmaterial lädt geradezu zum Bearbeiten ein. Eigene „historische“ Postkarten, Kalender und besonders Bildbände sind im Familien- und Freundeskreis ein willkommenes Geschenk. Schon das Erstellen kann viel Spaß machen. Und warum nicht an sich selbst denken? Ein Fotobuch mit der eigenen Familiengeschichte mit wenig Watzmann und dafür vielen bekannten Personen im Bild kann in Zeiten von Immobilität und Krankheit viel Freude machen und eine unschätzbare Trostquelle sein.     

Eine, aber nicht die einzige Adresse für die digitale Speicherung von Dias, Filmen und Videos in Hamburg:

Kai Bicker, Wiedehopfstieg 33a, 22179 Hamburg
Tel.: 040/57 20 42 80, E-Mail: diascan@email.de, Homepage: www.bicker.eu

 

F. J. Krause © SeMa

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