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Mein neues Leben im betreuten Wohnen in Hamburg

„Ziehst du wirklich dort ein?“ – Ja. Du musst das verstehen, ich möchte in die Residenz umziehen, die Zeit ist reif für mich, mit 87 Jahren!“

Ja, seit Juli 2022 bin ich Bewohnerin des Seniorenheimes, auch betreutes Wohnen oder  Residenz genannt. Der Name Residenz färbt das Leben  ein, denn eine Residenz ist  nicht gerade ein alter Schuppen. Habe mir unterschiedliche Häuser angeschaut, Vor- und Nachteile gefunden, gut überlegt, in dem von mir ausgesuchten Haus habe ich mich angemeldet. Die Größe bestimmt, denn die ist die Basis, hauptsächlich danach richtet sich der Mietpreis. Je nach Belegung der Wohnungen kann sich der  Einzug lange hinauszögern. Bei mir dauerte es drei Jahre, bis ich mir das gerade frei gewordene Apartment anschauen konnte – UND – sagte sofort zu, denn die Warteliste jedes Hauses ist lang.    

Das Mittagessen ist im Mietpreis enthalten, Frühstück und Abendbrot mache ich mir selber in der kleinen Küche mit Kühlschrank und Eisfach.

Jede Woche wird die Wohnung gereinigt, das kostet nichts extra. Die Fenster werden geputzt, einige Male im Jahr. Die Betreuung ist sehr gut. Als mir einmal die Tür zufiel, ich den Schlüssel vergaß und dem Empfang dies meldete, kam innerhalb von fünf Minuten eine Hilfe vom Sozialen Dienst und öffnete mir. Ach ja, und Treppen braucht hier keiner mehr zu laufen, Fahrstühle halten auf jeder Etage.

Habe entschieden, um 12 Uhr mittags am Essen teilzunehmen, bin Frühaufsteherin, um 13 Uhr wäre dies aber auch möglich. Die Auswahl der Speisenfolge bestimmt jeder einen Tag zuvor, vegetarische Gerichte eingeschlossen.     

Ich bin mit dem Essen sehr zufrieden, die Bedienung ist sehr höflich, wenn sie das tags zuvor Bestellte zureichen. Vom Salatbuffet nimmt sich jeder selber. Ich mag die frischen, unterschiedlichen Saucen, die man mit der Kelle aus dem hohen Gefäß schöpft, um sie über den Salat rieseln zu lassen. Noch leckerer, diese miteinander zu mixen. Mein Tipp!!

Ich sitze an einem Vierertisch, der mir angeboten wurde. So langsam lernt man sich kennen und fängt die Unterhaltung mit „guten Appetit“ an. Diverse Wässerle stehen auf dem Tisch, auch ein Glas Saft oder Bier oder Wein wird kostenfrei angeboten. Jeden Tag kommt zum Essen eine Dame des Hauses und prüft, ob auch jeder, der sich nicht vom Essen abgemeldet hat, auf seinem Stuhl sitzt oder im Raum ist. Sonst wird Alarm gegeben und nachgeforscht, ob mit ihm alles in Ordnung ist.

Hier im Haus hat jede Wohnung einen Balkon, das ist außergewöhnlich. Mir war die Aussicht vom Wohnzimmer auf Bäume rechts und links, auf den Haupteingang mit seinen Begebenheiten, wo immer Neues geschieht gerade recht, ich mag gern unterhaltsames Gepräge. Ob nun ein Umzugswagen die Möbel auslädt, der den Geschmack der zukünftigen Bewohner preisgibt, ein Krankenwagen leise vorfährt, ein langhaariger Hund neben seiner Halterin sein Bein am Gebüsch hebt, die Seniorin ihr Zigarettchen pafft oder die zwei auf der Bank unter dem japanischen Kirschbaum, ihrem Leerlauf des Tages Paroli bieten. All das läuft  vor meinen Augen ab wie auf einer Bühne im Theater! Bequem ist dazu, dass  jeder seine Post durch den Briefkastenschlitz der Wohnungstür erhält; wenn Antwort fällig, steckt man seinen frankierten Umschlag in den Kasten am Eingang, mit dem Postillion-Motiv.  Briefmarken gibt’s am Empfang. Im Haus sind Haustiere erlaubt, eigene Möbel sowieso, mein eigenes Bett  möchte ich nicht missen! Vor der Renovierung entschied ich mich zwischen Laminat und Teppich.

Diverse Veranstaltungen werden geboten. Heute das Singen im Gartenbereich war launig, und wir hatten viel zu lachen, wenn der Einsatz im Kanon nicht reibungslos gelang. Das Liederbuch hilft mit Text, der fremden Melodie folgt die Gruppe fröhlich  bei Wiederholung. Durch die täglichen kostenfreien Veranstaltungen findet jeder Abwechslung. Ob beim Lichtbildervortrag über Max Liebermann, oder wenn eine Märchenerzählerin um 15 Uhr den Raum mit Zauber durchzieht! Beim Farbfotobericht über  Australien oder beim Zuhören bei der Lesung „Leporella“ von Stefan Zweig. So viele Veranstaltungen gibt’s! Herrje, da bleibt nur der Notizzettel! Beim monatlichen Tanztreff am Nachmittag, entdeckt man sich sogar noch selber, und  hinterher das Eis im Café ist – auch nicht schlecht!

Freue mich auf den Bootsausflug nach Malente. Einen Rollator mitzunehmen ist kein Problem, hier hat ja fast jeder einen. Telefonieren innerhalb des Hauses ist total einfach, gewählt wird nur die Zimmernummer, und für außerhalb kommt einem die  preiswerte Flatrate des Hauses zugute. Das Internet läuft wie geschmiert, und mein internationales Radio mit dem Sender aus Birmingham/Alabama, wo ich vor über 60 Jahren auch einmal lebte, swingt mich schon beim Frühstück in gute Laune.

Das kleine Einkaufszentrum direkt neben der Residenz ist vom Haus aus mit dem Fahrstuhl zu erreichen. Sehr bequem bei Einkäufen. Eine Änderungsschneiderei plus Fitnesscenter gibt es  dort auch. Die Residenz bietet zudem Sport an, unter anderem Wassergymnastik unter Anleitung.

Wer an der Schnupperstunde Mundharmonika Gefallen findet oder am Ausprobieren der Veeh-Harfe, am Gedächtnistraining oder am Kniffel-Treff teilnehmen möchte oder beim Zuhören „Klassik am Abend“ dabei sein möchte, ist immer willkommen. Sogar stets ohne Anmeldung.
Freundlichkeit wird groß geschrieben! Mir gefällt es im Haus super gut. Deshalb auch dieser Bericht für Senioren, die sich mit der Frage beschäftigen: zu Hause zu bleiben mit Pflegemöglichkeit oder Wohnungswechsel eintauschen gegen betreutes Wohnen. Man braucht sich nie mehr einsam zu fühlen, Ansprechpartner sind immer da. Wenn’s einem plötzlich übel wird, der rote Klingelknopf hängt am Bett und noch einer im Bad. Melden sie sich doch einfach mal zum Kaffeetrinken in einem Haus an und schnuppern ein bisschen die Atmosphäre. Nur Mut und viel Glück! Ja, mir gefällt’s mächtig gut!    

 

Foto/Text © Helga Charlotte Koch

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