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Ein Kartenbrief aus dem Jahre 1897

(pi) Der Austausch von Nachrichten ist seit Menschengedenken nicht wegzudenken. Im 19./20. Jahrhundert erfolgte dieser in der Regel mit der Post, heute eher mit dem Smartphone, z. B. per WhatsApp. Die „normale“ Post – abwertend auch als Snailmail bezeichnet – ist langsam. Ein Brief innerhalb von Hamburg benötigt in der Regel 24 Stunden, teilweise mehr, aber war dies immer so?

Ein Kartenbrief aus dem Jahre 1897.

Ein Gegenbeispiel kann der Sammler Klaus-Dieter Rosenberg vorzeigen, ein Kartenbrief vom 9. Dezember 1897. Hierbei schreibt Eduard Hellwig seiner Freundin oder Verlobten, Emma Lossan, einige Zeilen. Eduard Hellwig war im Stadtteil St. Georg, ohne die genaue Anschrift zu kennen, Emma Lossan wohnte damals im Kleinen Burstah 4, im Stadtteil Hamburg-Altstadt. Beide Stadtteile gehören heute zum Bezirk Hamburg-Mitte.

Zu lesen ist unter anderem, dass Eduards Bruder und Schwägerin sich am kommenden Sonntag (12. Dezember 1897) mit Eduard und Emma treffen, um eine Einladung zum 2. Neujahrstag auszusprechen.

Interessant ist der Ausgangs- und Eingangsstempel. Früher wurde der Eingang beim Postamt vor Ort (das die Zustellung beim Empfänger in die Wege geleitet hat) mit einem Stempel dokumentiert, heute wird darauf verzichtet, so Rosenberg. Durch diese beiden Stempel wissen wir den Zeitpunkt, an dem der Kartenbrief aus dem Jahre 1897 abgeholt, bzw. beim lokalen Postamt eingegangen ist. Abgestempelt wurde die Sendung am 9. Dezember zwischen 8–9 N, also zwischen 20 und 21 Uhr, vom Postamt 5 in Hamburg. Dieses Postamt war nach Wilhelm Lehnchen, Briefmarkensammler aus Hamburg, in der Zeit von 1871 bis 1912 in der Brennerstraße 11 (St. Georg) zu finden. Heute existiert es immer noch, jedoch unter einer anderen Anschrift. Der Posteingangsstempel ist vom 10. Dezember zwischen 5–6 V, also zwischen 5 und 6 Uhr früh, vom Postamt 11 in Hamburg, dieses war bis 1901 im Mönkedamm 11 zu finden, heute existiert dieses Postamt nicht mehr.

Gleich am Anfang des Kartenbriefes steht, dass Eduard so früh wie möglich zu Emma kommen möchte. Ob er es noch vor der Briefsendung geschafft hat? Da am Ende des Briefes erwähnt wird, dass Eduards Eltern zum Dom sind, war ein Treffen sicherlich ohne Hindernisse möglich. Wann Eduard Hellwig genau Emma getroffen hat, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren.

An den Uhrzeiten der Stempel ist zu erkennen, dass die Briefkästen nicht nur einmal am Tage geleert bzw. befüllt wurden, resümiert der Archivar des VPS 1894.

Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in größeren Städten die Postkästen bis zu elfmal am Tag geleert. So war es auch möglich, vormittags eine Postkarte zu schreiben, um sich für den Abend zu verabreden. Natürlich funktionierte dies nur innerhalb von größeren Städten. Unter der Berücksichtigung der damaligen technischen Möglichkeiten war es schon bemerkenswert.

WhatsApp ist eine Erfindung des 21. Jahrhunderts, aber nur eine neue technische Lösung für einen schnellen Austausch von Nachrichten, auch wenn die bereits genannte Einschränkung zu beachten war.   

Kartenbrief. Ein Kartenbrief war eine vereinfachte, bequem verschließbare und nur aus einem gefalteten Blatt bestehende Briefform. Der Kartenbrief diente zur Übermittlung kürzerer Nachrichten, die ggf. nur vom Empfänger gelesen werden sollten oder auch auf einer Postkarte nicht genügend Platz hätte. Auf den Kartenbrief wurde das Porto in Form einer Briefmarke im Wert von zehn Pfennig aufgedruckt, nach dem Verschließen, hatte die Sendung die Größe einer Postkarte. Belgien war das erste Land in Europa, das diese Art von Briefen eingeführt hat. Diese Briefform wurde in Deutschland am 1. November 1897 eingeführt. Im Juni 1922 wurde diese Briefform in Deutschland eingestellt.

Ein Stück Geschichte entdecken. Briefmarkensammeln – oder auch Philatelie – beschäftigt sich nicht nur mit dem systematischen Sammeln von Briefmarken und Belegen. Hierbei kann viel über das die Briefmarke herausgebende Land oder das Motiv in Erfahrung gebracht werden. Neben der künstlerischen Darstellung hält der Sammler auch immer ein Stück Geschichte in der Hand. Dies kann ein Motiv zu einem historischen Ereignis sein oder ein Beleg, der eine Geschichte erzählen kann.

Sammlertreff. Die Briefmarkensammler des Vereins für Postwertzeichensammler von 1894 Metropolregion Hamburg e. V. (VPS 1894), treffen sich jeden 2. Mittwoch im Monat ab 19 Uhr im Restaurant Hellas (Riekbornweg 16, 22457 Hamburg).

Weitere Details finden Sie unter www.vps-1894.de

 

Ein Beitrag vom SeMa-Leser Daniel Piasecki

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