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Ein Glückstag im Leben von Herby!

... Von unserem Leser: Heinz Oeben (Seniorenwohnen Bad Reichenhall)

14. August 2018 – ein echter Glückstag

Der oberste Chef von Gut Aiderbichl, Dieter Ehrengruber, ist aus dem österreichischen Henndorf nach Bad Füssing angereist. Im Gepäck die erlösende Botschaft: Herby wird sein Gnadenbrot auf Gut Aiderbichl bekommen! Ein Glückstag auch für meine Frau und mich.

Zwei Jahre zuvor war meine Frau bei den täglichen Spaziergängen mit den Hunden an unserem früheren Wohnort im Saarland auf Herby und seine zwei Söhne aufmerksam geworden. Sie standen abseits eines Hofes auf einer Koppel am Waldrand. Wir hatten bis zu diesem Tag noch nie etwas mit Pferden zu tun gehabt. Das sollte sich in den nächsten Monaten dramatisch ändern. Denn schnell bekam meine Frau die schlechte Versorgung der Pferde mit. Sie waren deutlich unterernährt. Das Wasser im Trog war verschmutzt. Der Unterstand, ein kleiner und kaputter Bretterverschlag, wurde nie gereinigt. Eine Pferdefreundin stellte bei Herby eine durch die Exkremente verursachte schmerzhafte Huferkrankung fest. Die Kontaktaufnahme mit dem Veterinäramt ergab, dass dort die Zustände auf dem Hof schon längere Zeit bekannt waren. Mit Herby und seinen zwei Söhnen befanden sich noch insgesamt 16 Pferde auf dem „Gestüt“. Wie sich später in einer Gerichtsverhandlung herausstellte, viele in einem schlimmen Zustand.

Was sollten wir tun? Wegsehen? Den Dingen ihren Lauf lassen? Die Pferde leiden sehen? Unmöglich!!

Unsere Garage wurde ein Futterlager und füllte sich mit Säcken für kräftigendes Zusatzfutter, mit Kartons für Äpfel, Bananen und mit Plastikwannen für Karotten. Für ein Auto war kein Platz mehr. Im Winter wurde der verdreckte Wassertrog auf der Koppel mit einem Vorschlaghammer vom Eis befreit, gereinigt und mit herangekarrtem frischem Wasser aufgefüllt. Welch eine Aktion, das über viele Wochen hinweg und das in unserem Seniorenalter. Aber es gibt im Leben eben Wege, die erweisen sich als Einbahnstraßen, auf denen du nicht wenden kannst. Mit jedem Tag wuchs die Empörung über den Hofpächter. Wir gaben keine Ruhe. Meine Frau machte bei ihren zweimaligen Futtergängen täglich Fotos. Diese Dokumentationen über die mangelnde Versorgung mit Futter, Wasser und über die unterlassene Reinigung des Unterstandes, wurden pünktlich jeden Freitag dem Veterinäramt zugeschickt. Parallel dazu erhielten Landtagsabgeordnete im zuständigen Ausschuss Informationen über diese Tierquälerei. Zusätzlich wurde der Rundfunk eingeschaltet. Im Mittagsmagazin wurde ein Bericht gesendet. Anzeigen beim Veterinäramt gab es zudem noch von Pferdefreunden, Tierschützern und aus der Nachbarschaft.

Im Dezember 2016 geschah dann ein Weihnachtswunder in Form eines amtlichen und dauerhaften Pferdehaltungsverbotes mit sofortigem Vollzug. Herby, seine zwei Söhne und fünf weitere Pferde, allesamt sogenannte Einstellpferde aus fremden Besitz, wurden im Januar 2017 vom Hof geholt und in ein anderes Quartier gebracht. Mitte Februar beschlagnahmte das Veterinäramt die nächsten acht Pferde. Das Leiden hatte ein Ende.

Der Besitzer von Herby und seinen Kumpels begann sofort mit dem Verkauf der Pferde. Herby war als ehemaliger Deckhengst nichts mehr wert und sollte zum Abdecker gebracht werden. Das war ein echter Schock. Hatten wir ihn doch inzwischen sehr in unser Herz geschlossen.

Kurz entschlossen übernahmen wir Herby für einen symbolischen Preis, nicht ahnend, welche Kosten da auf uns zukamen. Der vernachlässigte Herby benötigte dringend den Hufschmied und einer Behandlung durch eine Pferdezahnärztin. Außerdem waren da noch die hohen Kosten für seine Einquartierung. Er wurde mehrfach in der Woche von uns besucht, gestriegelt, meine Frau übernahm die Hufreinigung, Hufpflege und er bekam weiterhin seine Zusatzkost, die eine liebe Freundin morgens vor ihrem Arbeitsbeginn für uns an ihn verfütterte. All das genoss er sichtlich. Das weitaus größte Problem bestand jedoch darin, dass unser Umzug ins 550 km entfernte niederbayerische Bad Füssing für den 2. April 2017 bereits feststand. Wie sollten wir dort ein Quartier für einen Araberhengst finden? Es hagelte Absagen aus dem Chiemgau, aus Niederbayern und aus der Oberpfalz. Pferdehöfe mit Stuten nehmen keine Hengste auf. Eine Kastration wurde wegen seines Alters und seines damaligen Gesundheitszustandes als sehr risikoreich eingeschätzt. Im letzten Moment fand sich ein Quartier auf einem Hof mit einer Hengstaufzucht in der Nähe von Bad Griesbach. Einige Tage nach unserem eigenen Umzug traf Herby dort wohlbehalten ein und war begeistert. Jetzt hatte er eine Riesenkoppel für sich und seine zwei neuen Kumpels. Aber das Glück währte nur vier Monate.

Anfang August schlug mitten in der Nacht ein Blitz im Heulager direkt über seinem Kopf ein. Er konnte sich gerade noch auf die Weide retten. Sein Stall brannte vollständig ab. Also ging es wieder auf Quartiersuche. In der Nähe von Bad Füssing wurden wir fündig, aber es war keine Dauerlösung. Was sollten wir tun? Die ständigen Sorgen setzten uns zu.

Blieb wirklich keine andere Lösung, als dieses hübsche, gutmütige, menschenbezogene und noch relativ junge Pferd zum Schlachter zu bringen?

Mit blank liegenden Nerven besuchten wir „Gut Aiderbichl“ in Deggendorf und schilderten unsere Notsituation. Wir trafen auf viel Verständnis.

Am 14. August 2018 begann für Herby die große Glücksphase in seinem Leben. Voller Vertrauen übergaben meine Frau und ich unseren Schützling per Schenkungsvertrag in die volle Verantwortung und Obhut von „Gut Aiderbichl“. Die Umwandlung zum Wallach überstand er in einer spezialisierten Pferdeklinik problemlos. Einige Tage nach seiner Ankunft in Henndorf tobte er schon übermütig über die Wiesen und wälzte sich im Gras. „Gut Aiderbichl“ ist für ihn ein echtes Tierparadies. Im Dezember 2019 sind wir in eine Senioreneinrichtung nach Bad Reichenhall gezogen. Seitdem besuchen wir ihn wöchentlich. Es geht im gut. Er ist in den besten Händen, und das ist für meine Frau und mich eine große Beruhigung.

Wir können uns bei jedem Besuch davon überzeugen, mit welcher Einsatzbereitschaft, Begeisterung und Professionalität sich auf „Gut Aiderbichl“ um ihn und die anderen alten und kranken Tiere gekümmert wird. Das ist eine Mannschaft, die nie aufgibt. Nicht bei 2 Meter Schneehöhe im Winter, nicht bei 35 Grad im Sommer und nicht in Zeiten von Covid-19. Dafür sind wir unendlich dankbar. Natürlich haben wir für ihn eine Tierpatenschaft übernommen.

Was für ein Happy End!

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