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Bei Anruf Kultur

„Ich finde es genial, weil es so schön einfach ist“ – Hamburger Initiative „Bei Anruf Kultur“ bringt Ausstellungsbesuche nach  Hause

Bei einer Führung von „Bei Anruf Kultur“ durch das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe war Teilnehmerin Hela Michalski vor allem von der alten SPIEGEL-Kantine von Verner Panton beeindruckt.
Foto: Henning Rogge

Gemütlich sitzt Hela Michalski, 77, auf ihrem Sofa im Wohnzimmer und schlendert mit dem Telefon am Ohr – durchs Museum – von Ausstellungsstück zu Ausstellungsstück. Wie in einem Museum, nur bei sich zu Hause im Hamburger Stadtteil Schnelsen. Wie das geht? Sie ist Teilnehmerin der Hamburger Initiative „Bei Anruf Kultur“. Während die vergnügte Seniorin bei sich zu Hause ist, ist eine Museumspädagogin tatsächlich im Museum (oder einer anderen Kultureinrichtung). Sie beschreibt, was sie sieht, und nimmt so die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher mit auf eine Museumstour. Hela Michalski hört zu. Und geht im Geiste mit.
„Ich finde es genial, weil es so schön einfach ist. Es ist ein echtes Stück Lebensqualität“, freut sich Michalski über das Angebot. Und nach der etwa 60-minütigen Tour „Alle Macht der Farbe: Die SPIEGEL-Kantine“ im Museum für Kunst & Gewerbe: „Die Führung war wieder ganz großartig! Die Dame ist ein echtes Naturtalent. Es macht großen Spaß, ihren Ausführungen zu lauschen. Von dem SPIEGEL-Hochhaus und dessen Kantine haben wir einen tollen Eindruck bekommen. Ich muss unbedingt mal in das Museum!“ – so die 77-Jährige.

Bei der ersten Tour besuchte sie zum Beispiel die Georges- Braques-Ausstellung im Bucerius Kunst Forum. Einmal war sie auch schon im MARKK, Rotherbaum. Inzwischen hat Hela Michalski bereits an über 20 Veranstaltungen von „Bei Anruf Kultur“ mitgemacht. Dabei musste die kunstinteressierte Seniorin nie das Haus verlassen, kehrte aber – sozusagen – immer mit einem Haufen toller Eindrücke zurück.

Foto: Henning Rogge

Teilnehmen? – So geht’s!

Wie auch die anderen Teilnehmenden hat sie sich auf der Webseite www.beianrufkultur.de für eine Museumstour angemeldet. Einen Tag vor der kulturellen Führung wird sie dann angerufen und bekommt eine Festnetznummer und den Zugangscode für die Einwahl. Während der Führung werden die Teilnehmenden stumm geschaltet und können so in aller Ruhe zuhören. Zwischendurch haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber auch immer wieder die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich auszutauschen. Die Führungen dauern meist etwa eine Stunde, ein weiterer Austausch im Anschluss ist möglich.

Entstanden ist das Projekt „Bei Anruf Kultur“ im Frühjahr dieses Jahres. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH), das Büro grauwert und zahlreiche Kultureinrichtungen in Hamburg entwickelten das innovative Vermittlungskonzept, um Kultur auch im Corona-Lockdown zugänglich zu machen. Bis zu 15 Teilnehmer/-innen können sich so an Führungen durch Ausstellungen beteiligen.

„Der große Erfolg von ‚Bei Anruf Kultur‘ zeigt, dass die einfachen Ideen meist die besten sind! Das Angebot ist niedrigschwellig und spricht sehr unterschiedliche Zielgruppen für eine gemeinsame akustische Führung an. Die Ausstellungen werden dabei so präzise beschrieben, dass sie vor dem inneren Auge lebendig werden. Ein tolles Projekt, das Kunst und Kultur mit dem Telefon für jeden und von jedem Ort aus erlebbar macht“, so Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, über das Projekt.

„Eine überregionale Fortsetzung ist geplant“

„Bei Anruf Kultur“ erreicht Menschen, die diese nicht live erleben können – ganz einfach per Telefon. Rund 20 Museen, Sammlungen und Gedenkstätten bieten Führungen an, denen Gruppen von 15 Interessierten am Telefon folgen können. Gefördert wird das Projekt durch die Stiftung Kulturglück, Aktion Mensch und aktuell von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg – damit ist es das Angebot für alle Teilnehmer/-innen kostenlos.  
„Für uns ist besonders spannend, dass schon jetzt viele Menschen aus anderen Städten anrufen – häufig um sich für einen späteren Besuch inspirieren zu lassen“, merkt Melanie Wölwer, Sprecherin von „Gemeinsam weiter sehen“ an. „Daher ist für 2022 die überregionale Fortsetzung des Projektes geplant. Dann könnten sowohl Kulturanbieter als auch Kulturinteressierte deutschlandweit das Angebot ohne viel Aufwand nutzen und kann sich diese Form der niedrigschwelligen Vermittlung im Kulturbetrieb etablieren.“

Die kommenden Veranstaltungen und weitere Infos
zur Teilnahme unter www.beianrufkultur.de.   
             

 

Corinna Chateaubourg © SeMa

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