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Anders als andere

Die Weihnachtskrippe der Zachäus-Kirche in Langenhorn!

Bild ganz oben: Loki Schmidt 1984 bei der Übergabe der Krippe an die Zachäus-Gemeinde.
Foto: Archiv Zachäus

Krippe in Farbe: Das Geschenk von Erich Honecker an das Ehepaar Schmidt – eine Erzgebirgskrippe.
Foto: Spieß

Bald ist wieder Weihnachten. Liebevoll gestaltete Weihnachts-Krippen, die anschaulich die Weihnachtsgeschichte erzählen, gehören zum Fest wie Tannenbaum und Lichterglanz. „Erfunden“ hat die Krippendarstellung der heilige Franz von Assisi. Er kam in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1223 auf die Idee, in den Bergen Umbriens ein neues Bethlehem zu errichten, um den Menschen vor Augen zu führen, in welcher Armut und Schwachheit der Sohn Gottes in diese Welt gekommen ist. In einer Felswand nahe des Orts Greccio fand er eine stattliche Höhle. In ihr baute Franziskus den Stall von Bethlehem nach und lud alle Bewohner der Gegend ein, als lebende Krippenfiguren mitzuwirken. Natürlich sollten sie auch Tiere mitbringen. Hunde, Schafe und Ziegen. Das, obwohl der Evangelist Lukas von Tieren an der Krippe in seinem Weihnachtsbericht nichts berichtet. Dort heißt es im Kapitel 2. 4.–7: „Da machte sich auch auf Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die ward schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“

Durch die Hintertür zur Krippe

Es gibt keinen Hinweis in der Bibel auf bestimmte Tiere in der Weihnachtsgeschichte, schon gar nicht auf Ochs und Esel. Dennoch behaupten beide Vierbeiner in der Volksfrömmigkeit hartnäckig ihren Platz – sie stehen häufig dem göttlichen Kind näher als Maria und Josef. Während zu den in der Bibel genannten Schäfern für Franziskus und seine Zeitgenossen wie selbstverständlich Hunde, Schafe und Ziegen gehörten, haben sich Ochs und Esel sozusagen durch die Hintertür Zugang zum Stall von Bethlehem verschafft. „Türöffner“ war der Prophet Jesaja, bei dem es im Kapitel 1.3 bezogen auf den kommenden Messias lautet: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt’s nicht, und mein Volk vernimmt’s nicht.“ Dank dieser Textstelle hielten Ochs und Esel mit kirchlicher Duldung bereits in den ersten christlichen Jahrhunderten Einzug in die Weihnachtsgeschichte.

Die vermutlich älteste Krippe
Deutschlands im Augsburger Dom.

Kunst und Krippe

Nicht lebende, sondern künstlerisch gestaltete Figuren schmücken in der Weihnachtszeit seit Jahrhunderten viele Kirchen und Haushalte. Geschichtlich verbürgt ist die vermutlich erste Krippe 1562 in Prag. Die Krippe im Augsburger Dom gilt als eine der ältesten Krippen im ganzen Bundesgebiet. Sie wurde um 1580 vom Augsburger Bildhauer Paulus Mair angefertigt; die Bemalung ist vermutlich vor rund 200 Jahren entstanden. Mit dem Barock begann ein Wettbewerb nach „Der schönsten im ganzen Land“, sodass sich Maria Theresia und später Josef II. veranlasst sahen, Krippendarstellungen in ihrem Herrschaftsgebiet im öffentlichen Raum zu verbieten. Genützt hat es nichts. Inzwischen haben viele Privathaushalte und fast alle Kirchen Krippendarstellungen, die zur Weihnachtzeit aufgestellt werden.

Nur nicht die Zachäus-Kirche

Im Jahr 1973 nach den Plänen des Architekten Friedhelm Grundmann und des Bildhauers Hans Kock errichtet, ist sie eine der letzten Kirchneubauten Hamburgs. Der Kirchraum hat frühchristliche Hauskirchen zum Vorbild: Nicht nur Gottesdienste werden hier gefeiert, sondern jegliches Gemeindeleben – Tanz, Themenfrühstücke, Kinderturnen und viele weitere Aktivitäten finden hier statt.

Eine Weihnachtskrippe gab es noch nicht. Reiner Schulenburg, heute 89 Jahre alt, der damalige Pastor der Gemeinde, berichtet im Gespräch mit dem SeMa, wie die Zachäus-Kirche zu ihrer ganz besonderen Krippe kam.

Es begann mit einem Brief

Geschrieben von Loki Schmidt – mitunterzeichnet von ihrem Ehemann Helmut, der zu diesem Zeitpunkt, am 7. März 1984, nach seiner Abwahl als Bundeskanzler am 1. Oktober 1982, kein politisches Amt mehr hatte. Dafür entfaltete er aber eine rege publizistische Tätigkeit als Buchautor, Vortragsredner und gefragter Elder Statesman. Die Schmidts hatten ein Geschenk erhalten – ein Geschenk, das sie nun ihrerseits zum Geschenk machen wollten. Der Schenkende war Erich Honecker, der den beiden Schmidts zum Weihnachtsfest 1983 eine im Erzgebirge geschnitzte Krippe geschenkt hatte. „Wir beiden Schmidts meinen“, so schrieb Loki, „dass diese deutsch-deutsche Krippe möglichst vielen Menschen das Weihnachtsfest verschönen sollte und bitten Sie, lieber Herr Schulenburg, die Krippe für Ihre Kirche am Käkenflur anzunehmen.“ Auch wenn Loki Schmidt persönlich die Krippe an die Gemeinde übergab – ihre Herkunft blieb bis zum Mauerfall weitgehend ein Geheimnis. Bis auf den heutigen Tag ist Pastor Reiner Schulenburg nicht ganz glücklich über das Geschenk. „Die Proportionen stimmen einfach nicht“, findet er.

Krippe Kirche Lobetal.

Foto: Lobetal

Vorsichtshalber ohne Ochs und Esel

Erich Honecker, bis zum 17. Oktober 1989 DDR-Staatsratsvorsitzender, und eine christliche Weihnachtskrippe – passt das zusammen? Sehr gut sogar, schuf Honecker doch einen Reim, der sich ganz direkt auf die beiden Tiere an der Krippe bezieht: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Doch wie kam der Mann an der Spitze der DDR nur auf diese völlig unpolitischen Tiere? Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Krippendarstellungen in den Kirchen seiner Heimatstadt Neunkirchen (Saar) tief in das Gedächtnis des kleinen Erich Ernst Paul eingebrannt haben. Allesamt Krippen mit Ochs und Esel. Waren das womöglich für den Staatratsvorsitzenden so etwas wie vierbeinige christliche Bremsklötze? Wie auch immer – Erich Honeckers Krippe für das Ehepaar Schmidt hat zwar Schafe und sogar völlig unsozialistisch die Heiligen drei Könige – aber Ochs und Esel fehlen. Offensichtlich war sich der Staatsratsvorsitzende der DDR doch nicht ganz so sicher, was Ochs und Esel so alles vermögen!         

Krippe Kirche Lobetal

Auch die von Margit Schötschel gestaltete Krippe der Kirche in Lobetal kommt ohne Ochs und Esel aus. Pastor Uwe Holmer, Leiter der Hoffnungstaler Anstalten in Lobetal bei Bernau, bot dem Ehepaar Honecker nach dem Untergang der DDR Unterkunft in seinem Pfarrhaus an. Erich Honecker und seine Frau Margot lebten vom 30. Januar bis zum 4. April 1990 im Pfarrhaus. Obwohl Holmer Anfeindungen ausgesetzt war, nahm er die Fürbitte aus dem „Vater unser“ – „vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ wörtlich „Ich muss das leben, was ich bete“, hielt er Kritikern entgegen.     

 

F. J. Krause © SeMa

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